Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsgegner in Aussetzungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1) Antragsgegner eines gerichtlichen Aussetzungsverfahrens ist das für das Klageverfahren prozessführungsbefugte Finanzamt.
2) Ist das Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen, richtet sich die Passivlegitimation danach, welches Finanzamt für die behördliche Aussetzung der Vollziehung zuständig ist.
3) Wird während des Einspruchsverfahrens eine andere Finanzbehörde zuständig, so entscheidet diese, es sei denn, die alte Finanzbehörde führt das Einspruchsverfahren mit Zustimmung der nunmehr zuständigen Finanzbehörde fort.
Normenkette
FGO § 63; ErbStG 2009 § 13a Abs. 4; FGO § 69
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids.
Die Antragstellerin (Astin.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22.11.2006 unter dem Namen J GmbH & Co. … KG mit Sitz in I gegründet. Komplementärin und Geschäftsführerin war zunächst die J Geschäftsführungs GmbH, die nicht am Kapital der Astin. beteiligt war. Frau TN ist seit der Gründung die einzige Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage von 145.000,– EUR. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am 9.12.2006.
In ihrer am 29.10.2007 beim Antragsgegner (Ag.) eingegangenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erklärte die Astin. für das Streitjahr 2006 einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 49.330,32 EUR.
Mit Vertrag vom 25.8.2008 wurde der Gesellschaftsvertrag vom 22.11.2006 dahingehend geändert, dass die bisherige Komplementärin zum 31.8.2008 austritt und an ihrer Stelle die F Geschäftsführungs GmbH i.G. als Komplementärin eintritt.
Mit Bescheid vom 24.11.2008 stellte der Ag. einen Verlust der Astin. aus Gewerbebetrieb für 2006 in Höhe von 1.099,76 EUR fest. Der Komplementärin wurde ein Gewinnanteil in Höhe von 20.000,– EUR und der Kommanditistin ein Verlustanteil in Höhe von 21.099,76 EUR zugerechnet. Dieser Verlust wurde als nach § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausgleichsfähig behandelt. Mit dem Bescheid wurde eine Feststellung des zum 31.12.2006 verbleibenden verrechenbaren Verlustes für die Kommanditistin nach § 15b EStG in Höhe von 21.099,76 EUR verbunden.
Gegen beide Bescheide legte die Astin. mit Schriftsatz vom 15.12.2008 beim Ag. Einspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden wurde.
Am 22.12.2008 wurde neben des Wechsels der Komplementärin auch die Änderung der Firma sowie die Sitzverlegung der Astin. von I nach M ins Handelsregister eingetragen. Für M ist das Finanzamt X örtlich zuständig.
Mit Schriftsatz vom 12.1.2009 stellte die Astin. beim Ag. einen Antrag auf „Aufhebung der Vollziehung”, der bislang ohne Mitteilung von Gründen gegenüber der Astin. unbearbeitet blieb.
Der Ag. hat bisher keine Aktenabgabe an das Finanzamt X veranlasst, aber auch keine Zustimmung dieses Finanzamts zur weiteren Bearbeitung des Einspruchs eingeholt und auch keine Zuständigkeitsvereinbarung getroffen.
Die Astin. hat ihren am 20.3.2009 gestellten gerichtlichen Aussetzungsantrag gegen den Ag. gerichtet, da bisher keine Aktenabgabe erfolgt sei. Sie beantragt,
die Bescheide für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts nach § 15b EStG vom 24.11.2008 von der Vollziehung auszusetzen.
Der Ag. beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Nach seiner Ansicht bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unzulässig, da er gegen den falschen Antragsgegner gerichtet ist. Passivlegitimiert für einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nicht der Ag., sondern allein das Finanzamt X.
Da § 63 FGO im Aussetzungsverfahren nicht unmittelbar gilt, ist Antragsgegner eines gerichtlichen Aussetzungsverfahrens (§ 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO) wegen des engen Zusammenhangs zum Klageverfahren das für das Klageverfahren prozessführungsbefugte Finanzamt. (BFH-Beschluss vom 24.5.1989 V S 2/88, BFH/NV 1990, 255; vgl. auch BFH-Beschluss vom 25.4.1985 IV S 10/84, BFH/NV 1986, 665). Da im Streitfall noch kein Klageverfahren anhängig ist, sondern das Einspruchsverfahren das Hauptsacheverfahren darstellt, richtet sich die Passivlegitimation danach, welches Finanzamt für die behördliche Aussetzung der Vollziehung zuständig ist. Dies ist nach § 361 Abs. 2 Satz 1, 1. Halbs. der Abgabenordnung (AO) grundsätzlich das Finanzamt, welches den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Ist hingegen nachträglich eine andere Finanzbehörde zuständig geworden, so entscheidet diese, es sei denn, die alte Finanzbehörde führt das Einspruchsverfahren mit Zustimmung der nunmehr zuständigen Finanzbehörde fort (§§ 361 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs., 367 Abs. 1 Satz 2, 26 Satz 2 AO). Die örtliche Zuständigkeit für gesonderte Feststellungen bei gewerblichen Betrieben richtet sich gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO vorrangig nach dem Sitz der Geschäftsleitung. Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der gesc...