Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzielle Eingliederung
Leitsatz (redaktionell)
Ist die Stimmenmehrheit bei einer GmbH vom jeweiligen Stimmverhalten zumindest eines anderen Gesellschafters abhängig und liegt keine Vereinbarung über eine Stimmrechtsbindung vor, fehlt es allgemein und nicht nur im Einzelfall an der für die finanzielle Eingliederung erforderlichen Stimmenmehrheit bei der Organgesellschaft.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2, 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob in den Streitjahren 2000 und 2001 eine Organschaft zwischen der Klägerin und einer GmbH bestanden hat und ob ein Anspruch auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide besteht.
Die Klägerin (Klin.) ist eine GbR, die in 1990 gegründet worden ist. Gegenstand ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 15.04.1990 insbesondere die Vermietung bzw. Verpachtung von Grundbesitz an die S GmbH (GmbH). Nach § 4 des Vertrags richtet sich bei der Klin. das Stimmrecht nach dem Beteiligungsverhältnis und nach der Mehrheitsentscheidung. Nach § 5 des Vertrages ist eine Kündigung eines Gesellschafters, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, nur möglich, wenn der kündigende oder ausscheidende Gesellschafter zugleich bei der GmbH ausscheidet. Zur Geschäftsführung und Vertretung bei der Klin. sind nach § 6 des Vertrages die Geschäftsführer I und X jeweils alleine berechtigt und verpflichtet.
Nach § 9 des Erbbaurechtsvertrages vom 16.02.1991 zwischen der Stadt T und der Klin. hat die Stadt der Klin. das Erbbaurecht an einem Grundstück für 66 Jahre unter der Maßgabe bestellt, dass von der Klin. auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet wird.
Die Klin. hatte durch Mietvertrag vom 01.04.1992 das von ihr errichtete Gebäude mit 920,20 m² an die GmbH als H-Werkstatt sowie Lagerräume für monatlich 5.000,00 DM vermietet. Die feste Mietzeit betrug gemäß § 2 des Mietvertrages 15 Jahre.
Gesellschafter der GmbH waren X, I und C. I ist der Vater von C. Nach den Gesellschaftsverträgen vom 24.09.1999 und 27.12.2001 waren I und C Geschäftsführer der GmbH. Gesellschafter der GmbH konnte nach § 13 des notariellen Vertrags vom 14.09.1990 nur sein, wer Gesellschafter der GbR ist. Bei der GmbH wurden nach § 7 des Gesellschaftsvertrages vom 14.09.1990 die Gesellschafterbeschlüsse ebenfalls mit einfacher Mehrheit gefasst.
An beiden Gesellschaften waren wie folgt beteiligt:
Vor 1998 |
GbR |
GmbH |
X |
55 % |
58 % |
I |
30 % |
42 % |
C |
15 % |
0,00 % |
Ab 01.01.1998 bis 31.12. 2000 |
GbR |
GmbH |
X |
55 % |
38 % |
I |
30 % |
42 % |
C |
15 % |
20 % |
Ab 1.1. 2001 bis 27. 12. 2001 |
GbR |
GmbH |
X |
55 % |
7,9 % |
I |
30 % |
46,80 % |
C |
15 % |
45,30 % |
Ab 27.12.2001 |
GbR |
GmbH |
X |
55 % |
0,00 % |
I |
30 % |
50,80 % |
C |
15 % |
49,20 % |
Am 15.02.1994 hatte der steuerliche Berater dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) mitgeteilt, dass zwischen der GmbH und der GbR umsatzsteuerlich eine Organschaft vorliege. Ab 1994 sind entsprechend nur noch Umsatzsteuererklärungen für die GbR abgegeben worden.
Für 2000 war die USt geschätzt worden. Der USt-Bescheid vom 12.06.2002 stand unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN). Die USt 2000 ist auf 207.154,51 EUR festgesetzt worden. In ihrer USt-Erklärung 2000 vom 26.07.2002 hat die Klin. die Besteuerungsgrundlagen unter Einbeziehung der Umsätze der GmbH erklärt. Der daraufhin ergangene Änderungsbescheid vom 09.09.2002 stand ebenfalls unter VdN.
Am 26.02.2003 gab die Klin. eine berichtigte USt-Erklärung 2000 für die Klin. ab, aus der sich eine Erstattung von 4.096,00 DM ergab.
Für 2001 hatte die Klin. USt-Voranmeldungen unter Einbeziehung der Umsätze der GmbH eingereicht. Am 26.02.2002 gab die Klin. berichtigte Voranmeldungen ab, aus denen sich Nullmeldungen ergaben.
Sie begründete dies damit, dass in den Streitjahren keine Organschaft bestanden habe. Es bestünden disparitätische Beteiligungsverhältnisse, so dass es an einer personellen Verflechtung fehle. Außerdem habe es Interessengegensätze über die Geschäftspolitik gegeben.
Das FA lehnte die begehrte Änderung der Steuerbescheide am 20.06.2003 ab.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 09.10.2003) verfolgt die Klin. ihr Begehren mit der Klage weiter.
Sie meint, das FA habe die begehrte Änderung gemäß § 164 Abs. 2 AO zu Unrecht abgelehnt. Es fehle im Streitfall an einer Organschaft, weil die nötige personelle Verflechtung nicht gegeben sei. Für eine solche Verflechtung sei nötig, dass die hinter beiden Unternehmen (GbR und GmbH) stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen hätten. Ein Tatbestand gemäß BFH in BStBl. II 2000, 417 sei nicht gegeben, da nicht die gleichen Personen in beiden Gesellschaften zu gleichen Verhältnissen beteiligt gewesen seien. Dies vom BFH in BStBl. II 1975, 781 aufgestellte Kriterium sei nicht erfüllt.
Die Gesellschafter der GbR seien nicht in der Lage, ihren Willen bei der GmbH durchzusetzen. Weil jeweils drei Gesellschafter an der GbR und der GmbH beteiligt gewesen seien und ihre Beteiligung nicht zu gleichen Teilen an der Klin. bestanden habe, könne nicht von einer einheitlichen Betätigung ...