Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungszinsen zur Einkommensteuer nichtsteuerbar
Leitsatz (redaktionell)
1) Gemäß § 12 Nr. 3 EStG werden Erstattungszinsen zur Einkommensteuer (§ 233a AO) dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen.
2) § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i. V. mit § 52a Abs. 8 EStG vermag daran nichts zu ändern.
Normenkette
EStG § 52a Abs. 8, § 12 Nr. 3; AO § 233a; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob im Verlustentstehungsjahr 1992 gezahlte Erstattungszinsen gem. § 52a Abs. 8 und § 20 Abs. 1 Nr. 7 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (n.F.) einkommensteuerpflichtig sind oder ob ein in das Streitjahr 1990 zurückgetragener Verlustabzug entsprechend zu erhöhen ist.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Verlustentstehungsjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen.
Mit der am 26.07.1995 eingereichten Einkommensteuererklärung 1992 erklärte er Einkünfte aus Kapitalvermögen wegen Erstattung von Einkommensteuern der Jahre 1989 und 1990 i.H.v. 273.170 DM. Bei den Sonderausgaben erklärte er Zinsen für Nachforderung und Stundung von Steuern sowie Aussetzung der Vollziehung i.H.v. 57.456 DM.
Der Beklagte veranlagte die Kläger insoweit erklärungsgemäß. Wegen anderer Streitpunkte führten die Kläger einen Rechtsstreit, der unter dem Aktenzeichen 2 K 1948/00 E anhängig war. Dieser Rechtsstreit ist im Hinblick auf noch anhängige und vorgreifliche Einspruchsverfahren beim Finanzamt L ausgesetzt worden. Zuletzt ist unter dem 28.06.2010 ein Änderungsbescheid ergangen. Danach betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte. /. 679.050 DM. Anschließend ist dieses Verfahren durch Klagerücknahme beendet worden. Der Einstellungsbeschluss datiert vom 15.11.2010.
Das Klageverfahren wegen Einkommensteuer 1990 war ebenfalls im Hinblick auf noch anhängige und vorgreifliche Einspruchsverfahren beim Finanzamt L ausgesetzt. Den negativen Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 1992 hat der Beklagte mit Bescheid vom 28.06.2010 bei der Festsetzung der Einkommensteuer des Streitjahres als Verlustrücktrag aus 1992 steuermindernd berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 11.11.2010 beantragen die Kläger, den nach § 10d Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1992 in das Streitjahr 1990 zurückgetragenen Verlust (= negativer Gesamtbetrag der Einkünfte für 1992), um den Betrag von. /. 273.170 DM zu erhöhen. Zur Begründung berufen sie sich auf das Urteil des BFH vom 15.06.2010 VIII R 33/07, BStBl. II 2011, 503, wonach Zinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen, soweit die zugrunde liegende Steuer nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abgezogen werden dürfe. Eine solche nicht abzugsfähige Steuer i.S. des § 12 Nr. 3 EStG sei unstreitig die Einkommensteuer.
Das Verfahren hat zunächst auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten bis zum Ergehen einer die Instanz abschließenden Entscheidung des BFH in dem Verfahren VIII R 1/11 geruht.
Das Gericht hat das Verfahren auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 09.05.2012 wieder aufgenommen. Denn anders als im Streitfall betrifft das vor dem BFH anhängige Verfahren VIII R 1/11 ein Streitjahr (2001), in dem ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 (a.F.) nicht mehr möglich war.
Nach Auffassung der Kläger unterfallen die Zinsen auch nicht der Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. Insbesondere sei die in § 52a Abs. 8 EStG begründete echte Rückwirkung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 n.F. unzulässig.
Eine echte Rückwirkung sei aus Gründen des Vertrauensschutzes grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Eine der Ausnahmen, bei denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen ausnahmsweise nachrangig sei, liege nicht vor. Im Streitfall sei weder eine Bagatelle oder eine unklare bzw. verworrene Rechtslage zu regeln. Auch liege keine verfassungswidrige Lücke oder eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis vor, auf deren Fortbestand zu keiner Zeit habe vertraut werden dürfen. Schließlich fehlten auch zwingende Gründe des Allgemeinwohls.
Vorliegend habe keine unklare oder verworrene, sondern eine korrekturbedürftige Rechtsprechung vorgelegen. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 15.06.2010 VIII R 33/07, aaO erstmals erkannt, dass § 12 Nr. 3 EStG die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. für die dort genannten Steuern und die darauf gezahlten Zinsen sperre. Es könne nicht argumentiert werden, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG n.F. schließe eine verfassungswidrige Lücke, die sich eröffne, wenn es bei Sonderausgabenabzug von Nachzahlungszinsen bleibe, ohne dass Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte zu versteuern seien. Wenn die Aufhebung der Symmetrie in der steuerlichen Behandlung der Nachzahlungszinsen in der Vergangenheit durch Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. zum 01.01.1999 verfassungsrechtlich unbedenklich gewesen sei, könne nichts anderes in ...