Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der umsatzsteuerrechtlichen Erfassung der Gebühr für eine zweite Leichenschau
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Durchführung einer Einäscherung durch ein Bestattungsunternehmen stellt eine steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 UStG dar. Die Gebühr für die zweite Leichenschau gehört aber nicht zum Entgelt für diese Leistung i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Diese Gebühr für die zweite Leichenschau ist vielmehr als durchlaufender Posten gem. § 1 Abs. 1 Satz 6 UStG anzusehen.
2. Die sonstige Leistung der Durchführung der zweiten Leichenschau und Ausstellung entsprechender Bescheinigungen wurde nicht von der Stpfl., sondern von der zuständigen Behörde durch deren Amtsärzte durchgeführt. Danach war die Stpfl. weder Empfängerin dieser Leistung der Amtsärzte noch war sie Leistende, sie war vielmehr lediglich Erfüllungsgehilfe bzw. Vertreterin der Hinterbliebenen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 S. 6, § 10 Abs. 1 S. 2, § 1 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist bei der Umsatzsteuer (USt)-Festsetzung 2009, ob es sich bei der Gebühr für die zweite Leichenschau um einen steuerbaren und steuerpflichtigen Teil einer einheitlichen Dienstleistung oder um einen durchlaufenden Posten handelt.
Die Klägerin betrieb im Streitjahr ein Krematorium.
Nach § 15 Abs. 1 des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes (BestG NRW) ist für die Feuerbestattung einer Leiche eine Bescheinigung notwendig, aus der hervorgeht, dass der Tod nicht auf unnatürliche Weise eingetreten ist. Diese sogenannte zweite Leichenschau ist von den Gesundheitsbehörden durchzuführen. Der Kreis D ließ im Streitjahr diese zweite Leichenschau – in der Regel in den Räumlichkeiten der Klägerin – jeweils durch einen Amtsarzt durchführen. Laut Gebührensatzung des Kreises D. (laufende Nr. …) wurde eine Gebühr von 30 EUR zuzüglich Fahrtkosten je Leichenschau erhoben.
Der Kreis D erließ im Streitjahr mehrere Sammel-Gebührenbescheide für die durchgeführten Leichenschauen. In den an die Klägerin gerichteten Gebührenbescheiden hieß es wie folgt: „Für die durchgeführten Leichenschauen anlässlich einer Feuerbestattung werden insgesamt Gebühren in Höhe von … Euro erhoben. Eine Aufstellung über die Gebühren entnehmen Sie bitte der Rückseite. Die beigefügte Anlage mit den Daten der Verstorbenen ist Bestandteil dieses Bescheides. Die Gebühren werden gemäß der allgemeinen Gebührensatzung des Kreises D. […] in der zur Zeit geltenden Fassung erhoben.”
Die Klägerin berechnete die Gebühr i.H.v. 30 EUR ohne Umsatzsteuer und ohne Fahrtkostenanteil an den jeweiligen Auftraggeber (in der Regel den örtliche Bestatter) weiter. Die übrigen Leistungen berechnete sie mit Umsatzsteuer. Die Preisliste der Klägerin aus Oktober 2007 weist verschiedene Positionen z.B. „Einäscherung inklusive 19 % MwSt” sowie die Position „Amtsarzt, 2. Leichenschau, Gebührenauslage (Keine MwSt)” aus.
Im Juli/August 2011 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung (Ap) statt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 15.8.2011 Bezug genommen. Der Prüfer war der Auffassung, dass die Leichenschau im Rahmen einer Feuerbestattung nicht zu den steuerbefreiten Umsätzen zähle und somit die in Rechnung gestellten Gebühren ab dem Jahr 2009 umsatzsteuerpflichtig seien (Tz. 2.12). Er erhöhte demzufolge ausgehend von den von der Klägerin in den Rechnungen aufgeführten Beträgen für die zweite Leichenschau i.H.v. 71.580 EUR die Umsatzsteuer um 11.428,74 EUR.
In einer Stellungnahme zum Ap-Bericht führte die Klägerin Folgendes aus: Die Leistung der zweiten Leichenschau werde nicht durch sie, sondern durch den Kreis D. an die Erben erbracht. Sie, die Klägerin, sei mangels Qualifikation und Behördenstatus gar nicht in der Lage, eine zweite Leichenschau durchzuführen. Es handele sich vielmehr um eine von der Gesundheitsbehörde durchgeführte Leichenschau, deren Gebühr auch im Amtsblatt des Kreises C ausgewiesen sei. Schon hieraus ergebe sich, dass es sich um eine Gebühr des Kreises handele. Anstatt mit den Erben direkt abzurechnen, werde der Weg der Sammelgebührenrechnung vom Kreis lediglich aus Verwaltungsvereinfachungsgründen gewählt.
Am 09.02.2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die zweite Leichenschau laut Auskunft des Kreises D vom 19.01.2012 jeweils aufgrund der Selbstveranlassung der Klägerin erfolge und somit eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Kreis D. bestehe. Kostenschuldner der Gebühr sei daher die Klägerin, denn nach § 3 Abs. 1 der allgemeinen Gebührensatzung des Kreises D. sei Kostenschuldner, wer die Leistung selbst oder durch zurechenbares Verhalten eines Dritten veranlasst habe oder der durch sie begünstigt werde. Zudem könne die Klägerin ihre wirtschaftliche Tätigkeit, nämlich die Einäscherung der Leichen, ohne die amtsärztliche Bescheinigung gar nicht ausführen.
Am 28.02.2012 erließ der Beklagte dann einen entsprechenden USt-Änderungsbescheid für das Jahr 2009.
Hiergegen legte die Kläge...