Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahresgrenzbetrag bei zeitweisem Vollzeiterwerb
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei der Ermittlung, ob der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes überschritten ist, sind die Einkünfte der Vollzeiterwerbstätigkeit für die übrige Zeit des Kalenderjahres, in dem die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG vorliegen, auszuscheiden.
2) Ausnahmsweise lässt die Vollzeiterwerbstätigkeit den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG nicht entfallen, wenn unter Einbeziehung der Einkünfte aus dem Vollzeiterwerb der Jahresbetrag nicht überschritten wird.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht ab Januar 2006 die Kindergeldfestsetzung für das Kind T. aufgehoben und das für die Monate Januar bis Oktober 2006 gezahlte Kindergeld i.H.v. 1.540 EUR zurückgefordert hat.
Der Kläger erhielt für seine Tochter T., geb. am 22.12.1981, fortlaufend Kindergeld bis einschließlich Oktober 2006.
Die Tochter hatte am 27.1.2004 ihre Berufsausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation abgeschlossen. Seit August 2005 besuchte die Tochter das Weiterbildungskolleg X.. Abendgymnasium zunächst als Vollzeitunterricht und in der Folgezeit als Teilzeitunterricht mit wöchentlich 20 Unterrichtsstunden.
In der Zeit von Februar bis September 2006 erhielt die Tochter Arbeitslosengeld II i.H.v. 4.748,10 EUR. Seit dem 15.8.2006 geht die Tochter einer Vollzeitbeschäftigung nach. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides 2006 vom 22.2.2007 erzielte die Tochter daraus einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 6.742 EUR.
Unter Ansatz einer Kostenpauschale von 180 EUR, der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge mit pauschal 20 % und des Arbeitnehmerpauschbetrags i.H.v. 920 EUR ermittelte die Beklagte Einkünfte und Bezüge der Tochter für das Jahr 2006 i.H.v. 9.041,70 EUR.
Wegen Überschreitung des Grenzbetrages des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) hob die Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2007 die Festsetzung des Kindergeldes für die Tochter T. ab Januar 2006 auf und forderte die Erstattung des für Januar bis Oktober 2006 gezahlten Kindergeldes i.H.v. insgesamt 1.540 EUR.
Den dagegen erhobenen Einspruch des Klägers wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2007 als unbegründet zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, bis einschließlich August 2006 bestehe ein Anspruch auf Kindergeld. Erst zu diesem Zeitpunkt habe die Tochter eine Vollzeiterwerbstätigkeit angetreten. Für die Berechnung, ob die Einkunftsgrenze der Tochter gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei, sei zwischen dem Zeitraum von Januar bis August 2006, in dem die Tochter arbeitslos gewesen sei, und der Zeit der Vollzeiterwerbstätigkeit zu trennen. Für den Zeitraum von Januar bis August 2006 hätten die Leistungen des Arbeitslosengeldes II den Grenzbetrag nicht überschritten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16.10.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2007 dahin zu ändern, dass die Kindergeldfestsetzung erst ab September 2006 aufgehoben und nur das für die Monate September und Oktober gezahlte Kindergeld zurückgefordert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, für die Prüfung, ob die Einkunftsgrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei, sei auf die Gesamtbezüge des Kindes im Kalenderjahr 2006 abzustellen, da die Tochter während des gesamten Kalenderjahres die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG erfüllt habe. Diese Beurteilung entspreche auch der Entscheidung des BFH vom 16.11.2006, III R 15/06, BStBl. II 2008, 56. Durch diese Entscheidung sei klargestellt worden, dass entgegen der früheren Auffassung die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht als Kürzungsmonate zu berücksichtigen seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung und der Rückforderung für die Monate Januar bis August 2006 begründet. Das ursprüngliche auch auf die Monate September und Oktober 2006 gerichtete Klagebegehren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2008 insoweit eingeschränkt.
Die Beklagte hat die Festsetzung des Kindergeldes zu Unrecht für die Monate Januar bis August 2006 aufgehoben und das für diese Monate gezahlte Kindergeld zurückgefordert.
1. Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes gem. § 70 Abs. 2 EStG mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Nach § 70 Abs. 4 EStG ist die Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG über- oder unterschreiten. Im Streitfall ist der Beklagten als Veränderung der Ver...