Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuerpflicht ausländischer Gesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
Ausländische Gesellschaften, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Struktur einer deutschen Kapitalgesellschaft entsprechen und im Inland weder Geschäftsleitung noch Sitz haben, sind mit ihren inländischen Einkünften in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die Anwendung der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ist dabei auf den durch die inländische Zweigniederlassung erzielten Gewinn beschränkt; bei der Gewinnermittlung darf die Körperschaftsteuer nicht gewinnmindernd abgezogen werden.
Der von einer ausländischen EU-Kapitalgesellschaft durch eine Zweigniederlassung im Inland erzielte Gewinn ist unter Anwendung der Grundsätze der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG bzw. vormals Art. 52 und 58 EGV) mit dem Steuersatz zu besteuern, der unter vergleichbaren Umständen bei einer inländischen Tochtergesellschaft, die ihren Gewinn voll ausschüttet („Ausschüttungsfiktion“), angewandt würde.
Normenkette
KStG § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1; EGV Art. 43, 48; DBAH Art. 7 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin für die Streitjahre 1997 – 2000 Anspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach ungarischem Recht, die in den Streitjahren weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hatte.
Nach einer steuerlichen Außenprüfung erließ das Finanzamt am 10.09.2003 geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre. Dabei wandte es die für beschränkt Steuerpflichtige im jeweiligen Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Steuersätze an. Bestehende Vorbehalte der Nachprüfung hob es auf.
Die Steuerfestsetzungen im Einzelnen:
Veranlagungszeitraum |
Steuersatz |
Festgesetzte Körperschaftsteuer |
1997 |
42% |
19.182 DM (= 9.807,60 €) |
1998 |
42% |
134.495 DM (= 68.766,20 €) |
1999 |
40% |
103.578 DM (= 52.958,59 €) |
2000 |
40% |
158.407 DM (= 80.992,21 €) |
Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 18.05.2005 hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Sie hat unter Berufung auf das zum damaligen Zeitpunkt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) unter Az. C-253/03 (CLT – UFA SA) anhängige Verfahren geltend gemacht, die angewandten Steuersätze seien diskriminierend. Sie verletzten auch ihr Recht auf Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags von Amsterdam (– EG –), vormals Art. 52 und 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (– EGV –).
Im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Verfahren hat das Gericht am 30.01.2006 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach Ergehen des Urteils des EuGH in der Rechtssache CLT-UFA am 23.02.2006 (Slg. 2006, I-1831, BFH/NV 2006, Beilage 3, 237) und des nachgelagerten Urteils des BFH am 09.08.2006 I R 31/01 (BStBl. II 2007, 838), hat das Gericht den Rechtsstreit fortgeführt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, analog der CLT-UFA-Entscheidung des EuGH (a.a.O.) bestehe auch für die Klägerin ein Anspruch auf die Anwendung eines niedrigeren Körperschaftsteuersatzes. Zwar sei Ungarn erst zum 01.05.2004 – zeitlich also weit nach den Streitjahren – der Europäischen Union (EU) beigetreten, jedoch sei diesem Beitritt eine zehnjährige Assoziierungsphase mit entsprechenden Übergangsregelungen vorausgegangen, die eine weitestgehende wirtschaftliche und rechtliche Gleichstellung ungarischer Unternehmen mit EU-Gesellschaften zum Ziel gehabt habe. Die Assoziierungsphase, die sich in zwei Phasen zu je 5 Jahren unterteilt habe, begründe spätestens in der zweiten Phase, die Klagejahre 1999 und 2000 betreffend, eine europarechtliche Auslegung des zwischen den Mitgliedsstaaten der EU und Ungarn geschlossenen Assoziationsabkommens (Europa-Abkommen, BGBl. II 1993, 1473, im Folgenden EA) und damit auch eine Anwendung der Rechtsprechung des EuGH. Damit entfalte das CLT-UFA-Urteil (a.a.O.) auch für die Streitjahre unmittelbare Wirkung hinsichtlich der Besteuerung der Klägerin.
Dies bedeute, dass die gegen die Klägerin festgesetzte Körperschaftsteuer und der festgesetzte Solidaritätszuschlag für 1997 um insgesamt
5.891,11 DM (= 3.012,08 €), für 1998 um 40.540,38 DM (= 20.727,97 €), für 1999 um 27.318,06 DM (=13.967,50 €) und für 2000 um 41.779,37 € (= 21.361,45 €) zu mindern sei. Entgegen den Vorgaben der Steuerverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 17.10.2007, BStBl. I 2007, 766) habe die Klägerin bei ihren Berechnungen wegen nichtabziehbarer Betriebsausgaben i.S.d. § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG a.F. keine Zuschläge vorgenommen, da diese nicht gerechtfertigt seien.
Unbeschadet des zeitlichen Eintritts der zweiten Stufe der Assoziierungsphase und der damit in Zusammenhang stehenden Anwendungsregelung von Art. 44 Abs. 4 EA (Ungarn) werde für sämtliche Streitjahre die Diskriminierung der Klägerin durch die Anwendung überhöhter Betriebsstättensteuersätze gerügt. Schließlich sei zwischen Deutschland und Ungarn bereits 1...