Revision eingelegt (BFH X R 13/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Qualifikation der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit i. S. des § 55 Abs. 1 InsO
Leitsatz (amtlich)
Dass ein zur Insolvenzmasse gehörendes Betriebsgrundstück mit einem Absonderungsrecht behaftet war, wodurch es auf Betreiben der Insolvenzgläubiger versteigert und nicht von dem Insolvenzverwalter selbst verwertet wurde, steht einer Anwendung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht im Wege. Maßgeblich für die Qualifizierung der ausgelösten Einkommensteuer als sonstige Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Zuordnungsentscheidung des Insolvenzverwalters, das Grundstück weiterhin in der Insolvenzmasse zu belassen, womit er eine Verwaltungsmaßnahme "in anderer Weise" gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt InsO getroffen hat.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Versteigerung eines Betriebsgrundstücks - hier der Gaststätte "…" - auf Betreiben der finanzierenden Bank im Insolvenzverfahren eine Betriebsveräußerung darstellt, die für die Insolvenzmasse als Masseverbindlichkeit eine Einkommensteuerpflicht auslöst.
Über das Vermögen der Steuerschuldnerin wurde am 26. Oktober 2015 mit Beschluss des Amtsgerichts (Az. … IN …/15) das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet. Hierbei wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Die Schuldnerin war vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Inhaberin der Gaststätte "…" in B, H-Strasse, Grundbuch, Blatt-Nr. …1 und …2. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der Betrieb bereits eingestellt, die Räumlichkeiten standen leer und waren nicht verpachtet. Mit Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts vom 20. Januar 2017 (Az. 5 K …/16) wurde das Grundstück im Rahmen einer Zwangsversteigerung auf Betreiben der finanzierenden und durch eine Grundschuld mit 240.000 € im 1. Rang gesicherten Gläubigerin, der X-Bank, durch ein Bargebot in Höhe von 133.000 Euro veräußert. Der Wert des Grund und Bodens und des Gebäudes betrug zum 20. Januar 2017 124.067 €, wodurch bei der Veräußerung ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 8.933 € entstand. Hierfür setzte der Beklagte eine Vorauszahlung in Höhe von 524,70 € mit an den Kläger adressierten Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2017 vom 24. Februar 2017 fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Er begründete diesen im Wesentlichen damit, der Veräußerung durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren auf Betreiben der finanzierenden Gläubigerbank habe keine Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters zugrunde gelegen, wodurch die Geltendmachung des Veräußerungsgewinns als Masseverbindlichkeit nach § 55 der Insolvenzordnung -InsO- nicht möglich sei. Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 4. Dezember 2017 als unbegründet zurück.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage macht der Kläger weiter vertiefend geltend, der Veräußerung durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren auf Betreiben der finanzierenden Gläubigerbank habe keine Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters zugrunde gelegen. Deshalb scheide eine Geltendmachung des Veräußerungsgewinns als Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO vorliegend aus. Masseverbindlichkeiten entstünden nach § 55 InsO nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters. Für das insolvenzrechtliche Begründetsein von Masseverbindlichkeiten komme es ausschließlich darauf an, durch wen der steuerauslösende Besteuerungstatbestand verwirklicht worden sei, da es sonst im Ermessen Dritter läge, ob die Masse mit Masseverbindlichkeiten belastet werden könne. Des Weiteren sei der Erlös aus dem Zwangsvollstreckungsverfahren in voller Höhe der betreibenden Gläubigerin zugeflossen, wodurch die Insolvenzmasse nicht durch einen Zufluss an Geldmitteln aus der Veräußerung gemehrt worden sei. Die Ansicht des Beklagten, der Kläger hätte durch seine Zustimmung und Überlassung des veräußerten Grundstücks an die Gläubiger eine Verwertungshandlung vorgenommen, sei nicht nachvollziehbar. Das Grundstück sei im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits mit einer Grundschuld zugunsten der betreibenden Gläubigerin belastet gewesen. Denkbar wäre eine Verwertungshandlung nur dann, wenn einer nachträglichen Belastung des Grundstücks durch ein Absonderungsrecht mittels Eintragung einer Grundschuld seitens des Klägers als Insolvenzverwalter zugestimmt worden wäre. Vorliegend habe dieses Absonderungsrecht aber bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden. Es habe deshalb keiner Zustimmung des Klägers bei Einleitung der Verwertung durch die absonderungsberechtigte Gläubigerin bedurft.
Anders wäre dies nur bei einer freihändigen Veräußerung durch den Kläger zu beurteilen. Hieran knüpfe auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 16. Mai 2013 IV R 23/11 (BStBl II 2013, 759) an. Dort sei eine "Realisationshandlung" vorhanden gewesen, die der Insolvenzverwalt...