Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Finanzamts auf den Wegfall der Zulässigkeit der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen
Leitsatz (amtlich)
Gestattet bzw. fordert das Finanzamt in Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse eines Weinbaubetriebes für diesen über Jahre die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz i.d.F. vom 08.10.2009 (EStG a.F.), ist es für die Abweichung von der Durchschnittssatzgewinnermittlung und der Schätzung des Gewinns nach § 162 der Abgabenordnung (AO) in analoger Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG a.F. und unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben erforderlich, dass das Finanzamt auf den Wegfall der Zulässigkeit der Durchschnittssatzgewinnermittlung hingewiesen hat.
Normenkette
EStG § 13a Abs. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Veranlagungszeitraum 2011 die Besteuerung (noch) nach § 13a Einkommensteuergesetz (EStG) erfolgen kann.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Im Streitjahr 2011 erzielte die Klägerin u.a. aus einem Weinbaubetrieb Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die selbstbewirtschaftete, von der Klägerin zugepachtete Weinbaufläche betrug 38,42 Ar (a). Eine landwirtschaftliche Nutzung darüber hinaus lag nicht vor (sog. reiner Weinbaubetrieb). Wirtschaftsjahr für die Ermittlung der Einkünfte aus dem Weinbaubetrieb war der Zeitraum vom 01.07. bis 30.06.; bis einschließlich für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 erfolgte die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG.
Mit Urteil vom 13.12.2012 - IV R 51/10 - entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Rechtssache des Beklagten, dass für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Gewinn nur dann nach Durchschnittssätzen ermittelt werden darf, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören. Unter dem 05.02.2013 versendete der Sachgebietsleiter IV des Beklagten, Herr K, an die Prozessbevollmächtigte per E-Mail einen Vermerk betreffend die Art der Gewinnermittlung bei Landwirten, die ausschließlich Sondernutzungen bewirtschaften. Darin führte er aus, die Veranlagungsstellen würden angewiesen werden, bei allen zukünftig zu bearbeitenden Steuererklärungen betreffend nur Sondernutzungen bewirtschaftende Land- und Forstwirte, entsprechende Gewinnermittlungen nach § 4 EStG zumindest für das im zu veranlagenden Veranlagungsjahr beginnende Wirtschaftsjahr anzufordern. Die Steuerberater im Kreis X, die "Feierabend-LuF" betreuten, seien bzw. würden noch zeitnah telefonisch auf die "neue Handhabung" hingewiesen werden (Bl. 43 ff. Gerichtsakte 5 K 2457/13).
In der am 28.06.2013 für das Jahr 2011 abgegebenen Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger wie in den Vorjahren die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13a EStG. Da der Wert der Sondernutzung 2.000,- DM nicht überschritt, setzten sie in der Anlage L für die Wirtschaftsjahre 2010/2011 und 2011/2012 nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 EStG jeweils einen Gewinn von 162 € an (Bl. 15 Einkommensteuerakte - EStA).
Der Beklagte ermittelte den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 im Wege der Schätzung gemäß § 4 Abs. 3 EStG und setzte mit Einkommensteuerbescheid vom 22.08.2013 für das Jahr 2011 die Einkünfte der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft mit 4.247,- € an (Bl. 21a EStA). Nach den Erläuterungen erfolgte die Schätzung wie folgt:
Einnahmen: 0,3842 ha x 25.000 €/ha (Erfahrungswert Traubengeldzahlung) = 9.605 €
abzüglich 0,3842 ha x 2.400 € (Bebauungskostenpauschale) = 923 € sowie Pachtzahlung 350 €
Der dagegen am 28.08.2013 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11.11.2013 als unbegründet zurück gewiesen (Bl. 26 ff. EStA).
Mit der dagegen am 16.12.2013 erhobenen Klage machen die Kläger geltend, bis zum Beginn des Jahres 2013 habe der Beklagte bei reinen Weinbaubetrieben mit einem Wert der selbst bewirtschafteten Sondernutzung von über 500,- DM bis 2.000,- DM den Ansatz des Gewinns gemäß § 13a Abs. 5 EStG in Höhe des Zuschlags von 512,- € akzeptiert. Ausweislich des von dem Beklagten am 05.02.2013 versendeten Vermerks sei er dabei der früher herrschenden Meinung gefolgt. Erst aufgrund des Urteils des BFH vom 13.12.2012 habe der Beklagte seine Rechtsauffassung geändert. Er könne nunmehr nur für zukünftige Wirtschaftsjahre, d.h. ab dem Wirtschaftsjahr 2013/2014 bei den betroffenen Betrieben, Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG anfordern und die Anwendung des § 13a EStG versagen. Die Anforderung einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 bzw. Abs. 3 EStG für das Wirtschaftsjahr 2011/2012 sei aus folgenden Gründen rechtswidrig:
Eine Pflicht zur Aufbewahrung von Belegen i.S. des § 147 AO habe bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) nicht bestanden. Im Vertrauen darauf, dass § 13a EStG wie in den Vorjahren bei der Gewinnermittlung ihres Weinbaubetriebes rechtmäßiger ...