Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Werbungskostenabzugs für ein häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
- Es besteht ein berechtigtes Interesse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage, wenn sich bei gleich bleibender Rechtslage die Streitfrage für künftige Verfahren (hier: Lohnsteuerermäßigungsverfahren) in gleicher Weise stellt.
- Die Beschränkung des Abzugs von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des StÄndG 2007 verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.
- Bei der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Aufwendungen, die eine Berührung mit der privaten Lebensführung aufweisen, besteht für den Gesetzgeber ein erheblicher Typisierungsspielraum.
- Die im StÄndG 2007 bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer vorgenommene Differenzierung nach dem Mittelpunkt der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit ist durch Typisierungs- und Vereinfachungszwecke gerechtfertigt.
- Aufwendungen eines Lehrers für ein häusliches Arbeitszimmer stellen keine zwangsläufigen pflichtbestimmten Aufwendungen dar.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5 S. 1; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist noch, ob die Nichteintragung eines Freibetrages für ein Arbeitszimmer auf den Lohnsteuerkarten 2007 rechtswidrig war.
Die Kläger sind Eheleute, die gem. §§ 26, 26a Einkommensteuergesetz (EStG) getrennt zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist als Lehrer an dem R Gymnasium in M tätig. Er unterrichtet dort die Fächer Englisch, Erdkunde und Sozialkunde. Die Klägerin ist Lehrerin für die Fächer Deutsch und Englisch und Leiterin der unteren Mittelstufe am F Gymnasium in M, einer Ganztagsschule. In dieser Schule steht der Klägerin ein Büroraum zur Verfügung. Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses in M, I-Straße. Das Anwesen verfügt über ein Kellergeschoss (Nutzfläche 75,14 qm), das Erdgeschoss mit einer Wohnfläche von 78,21 qm und ein Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von 49,95 qm. Im Erdgeschoss befindet sich ein Raum mit einer Größe von 13,37 qm, welchen der Kläger als häusliches Arbeitszimmer nutzt. Einen im Kellergeschoss belegenen Raum mit einer Größe von 13,02 qm nutzt die Klägerin als häusliches Arbeitszimmer (Wohnflächenberechnung und Lageplan Bl. 109 ff. Prozessakten - PA -). In den Vorjahren berücksichtigte der Beklagte die von den Klägern insoweit geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Am 13.11.2006 beantragten die Kläger die Eintragung eines Freibetrags auf ihren Lohnsteuerkarten für 2007 auf Grund von Werbungskosten u.a. für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von jeweils 1.250,- €, für Fahrtkosten von 1008,- € bzw. 1056,- € sowie für Arbeitsmittel und übrige Werbungskosten. Mit Bescheid vom 13.11.2006 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, nach dem Steueränderungsgesetz 2007 sei ab dem Veranlagungszeitraum 2007 ein Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstelle. Diese Voraussetzungen seien bei den Klägern aufgrund ihrer Tätigkeit in der Schule nicht erfüllt. Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien ab 2007 nur ab dem 21. Entfernungskilometer berücksichtigungsfähig, weshalb bei insgesamt nur 16 Entfernungskilometern ein Abzug der Entfernungspauschale in voller Höhe ausscheide. Die verbleibenden Werbungskosten des Klägers überschritten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag i.H.v. 920,- € nicht. Bei der Klägerin sei hinsichtlich der weiteren Werbungskosten nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags die Antragsgrenze von 600,- € nicht erreicht.
Zur Begründung des gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruchs machten die Kläger geltend, der aufgrund des Steueränderungsgesetzes 2007 nicht mehr zulässige Werbungskostenabzug - insbesondere der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer - verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stelle das häusliche Arbeitszimmer eines vollzeitbeschäftigten Lehrers an einer Schule nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar (Hinweis auf BFH-Urteil vom 16.12.2004 IV R 19/03, BStBl II 2005, 212). Deshalb sei die Eintragung eines Freibetrags auf den Lohnsteuerkarten zu Recht versagt worden. Die von den Klägern gerügte Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung durch die ab 2007 geänderte Norm führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Finanzverwaltung sei als Teil der vollziehenden Gewalt nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) an Gesetz und Recht gebunden. Ausgehend von dem Rechtsstaatsprinzip habe die Verwaltung den Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit zu beachten. Sie sei nicht befugt, die Vorgaben des Gesetzgebers beim Vollzug der Gesetze, also der Besteuerung...