Entscheidungsstichwort (Thema)
Spin-Off nach US-amerikanischem Recht als Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG
Leitsatz (amtlich)
Die Zuteilung von Aktien an der Hewlett-Packard Enterprise Company im Zuge der Umstrukturierung der Hewlett-Packard Company ist eine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, die nicht zu einer nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerpflichtigen Sachausschüttung führt. Eine Besteuerung findet erst bei Veräußerung der Anteile statt (gegen BMF-Schreiben vom 20.03.2017 IV C 1 - S-2252 / 15 / 10029:002, BStBl I 2017, 431).
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 4a S. 7; KStG § 27; UmwStG § 15; UmwG § 123 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger werden zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen (Kapitalerträge i.H.v. 97.221 EUR). Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen (Kapitalerträge i.H.v. 29.273 EUR).
Die Kläger waren seit mehreren Jahren Aktionäre der HPC. Der Kläger hielt im Streitjahr 2015 6.000 Aktien, die Klägerin 3.000 Aktien dieses Unternehmens in ihrem Depot (vgl. Bl. 25, 26 d.A.).
Mit Wirkung zum 31. Oktober 2015 änderte die HPC ihren Namen in HPI. Anschließend übertrug die HPI mit Wirkung zum 1. November 2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines "Spin-offs" auf die bereits im Februar 2015 gegründete Tochtergesellschaft HPE. Die Aktionäre der HPC erhielten für eine alte Aktie der HPC (ISIN: US42822361033, WKN: 851301) eine Aktie der umbenannten HPI (ISIN: US40434L1052, WKN: A142VP) und zusätzlich eine Aktie der HPE (ISIN: US42824C1099, WKN: A140KD).
Am 2. November 2015 wurden dem Wertpapierdepot des Klägers 6.000 HPE-Aktien zu einem Börsenkurs von 13,019 EUR zugebucht (Bl. 21 d.A.). Dem Wertpapierdepot der Klägerin wurden am selben Tag 2.000 HPE-Aktien zum selben Kurs zugebucht (Bl. 22 d.A.).
Die depotführende Bank erfasste beide Buchungen als steuerpflichtige Sachausschüttung und belastete die Kläger mit Kapitalertragsteuer (Bl. 64, 67 ESt-Akte; Bl. 23, 24 hinter Fach "Einspruch" ESt-Akte). Die Steuerbemessungsgrundlage betrug beim Kläger 78.114 EUR (Kapitalertragsteuer i.H.v. 19.528,50 EUR) und bei der Klägerin 26.038,00 EUR (Kapitalertragsteuer i.H.v. 6.509,50 EUR).
Der Beklagte legte der Besteuerung die Kapitalerträge laut Steuerbescheinigung der depotführenden Bank zugrunde (Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 2017, Bl. 76 ff.).
Den hiergegen sowie gegen einen nicht mehr streitigen Punkt gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2017 als teilweise unbegründet zurück (Bl. 57 ff. hinter Fach "Einspruch" ESt-Akte). Zur Begründung verwies er auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. März 2017 IV C 1 - S-2252 / 15 / 10029 :002 (BStBl I 2017, 431),wonach die Zuteilung der HPE-Aktien als steuerpflichtige Sachausschüttung zu bewerten sei.
Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Behandlung der Kapitalmaßnahme vom 2. November 2015 als steuerpflichtige Sachausschüttung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, sie hätten ihre Aktien an der HPC zum Stichtag 01.01.2009 bereits länger als 1 Jahr gehalten. Die Anteile seien somit steuerentstrickt. Bei der Kapitalmaßnahme seien in erheblichem Umfang Einlagen ausgeschüttet worden. Die streitgegenständlichen Aktien seien gem. § 20 Abs. 4a S. 5 EStG mit Anschaffungskosten in Höhe von 0 EUR anzusetzen. Denn bei ausländischen Sachverhalten ordne das BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 (BStBl I 2016, 85) in Rn. 111 zwingend die Anwendung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG an. Die HPE-Aktien blieben selbst dann steuerfrei, wenn man davon ausginge, dass sie als Ausgleich dafür geleistet worden seien, dass das in der HPI-Aktie verkörperte Vermögen im Umfang des auf die HPE ausgegliederten Vermögens gesunken sei. Da sie die HPE-Aktien jedenfalls als Sachausgleich erhalten hätten, sei dieser Ausgleich nach der aktuellen Rechtsprechung nicht steuerbar. Es habe sich um ein veräußerungsgleiches Tauschgeschäft gehandelt, das bei steuerentstrickten Anteilen steuerfrei bleibe.
Allenfalls handele es sich bei der Kapitalmaßnahme der HPC um einen einer Abspaltung i.S.d. § 123 Abs. 2 UmwG vergleichbaren Vorgang. Dies ergebe sich aus Rn. 115 des BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, dessen Voraussetzungen mit Ausnahme von Nr. 1 vorlägen. Dass die HPC im Zuge der Kapitalmaßnahme umbenannt worden sei und deshalb eine neue ISIN/WKN erhalten habe, stehe nicht entgegen. Trotz der Umbenennung und der Vergabe der neuen ISIN/WKN handele es sich bei der HPI nämlich eindeutig um denselben Rechtsträger wie die HPC, von der das Unternehmenskundengeschäft auf die HPE abgespalten worden sei. Zwar habe die HPE als Tochtergesellschaft der HPI bereits seit Februar 2015 bestanden. Es habe sich bei ihr jedoch bis zu der Kapitalmaßnahme um eine nicht börsennotierte Vorratsgesellschaft gehandelt, sodass auch Nr. 2 nicht entgegen stehe. Ein...