Prof. Dr. Martin Tschandl, Prof. Dr. Paul Hofmann
Neben den klassischen Methoden der qualitativen und quantitativen Forecasting-Methoden gibt es Sonderformen, die sich aus einer Kombination beider Methoden zusammensetzen und/oder digitale Aspekte integrieren. In der unternehmerischen Praxis sind insbesondere vier weitere Methoden hervorzuheben: der Rollierende Forecast, die Kontrollkarte, die Treibermodelle und die digitalen Forecasts. Bei der IGC-Studie von 2021 mit 381 antwortenden Unternehmen gehörten Treibermodelle mit 26 % (sehr hoch/hoch) zu den am intensivsten technologiegestützten Forecasting-Methoden, während Predictive Analytics (12 %) und AI-gestütztes Forecasting (3 %) am wenigsten genutzt werden. Eine WHU-Studie bestätigt in ähnlichem Ausmaß, dass AI noch nicht im Forecasting angekommen ist.
3.1 Rollierender Forecast
Rollierende Forecasts sind gemäß BARC-Studie zukünftig der wichtigste Investitionsbereich in der Planung. Sie unterscheiden sich vom jahresbezogenen Forecast (auch als Year End Forecast bezeichnet) durch den Zeitrahmen. Während jahresbezogene Forecasts immer auf das Ende des Geschäftsjahres abzielen (fixer Zeitpunkt), ist beim rollierenden Forecast der prognostizierte Zeitraum festgelegt.
Abb. 4: Gegenüberstellung Year End Forecast und Rolling Forecast
Der Rolling Forecast (siehe Abb. 4-A) hat einen festen Forecast-Horizont, üblicherweise zwischen fünf und sechs Quartalen, und erstreckt sich über das aktuelle Geschäftsjahr hinaus. Die Anzahl der Quartale oder Monate richtet sich nach der Dynamik und Komplexität der Branche des Unternehmens. Die Detailtiefe ist für die ersten ein bis zwei Quartale innerhalb des rollierenden Forecasts sehr hoch, für die nachfolgenden Quartale eher grob.
Es ist auch möglich, einen teilrollierenden Forecast (siehe Abb. 4-B) durchzuführen, bei dem ein traditioneller Year-to-End-Forecast über das Geschäftsjahresende hinaus erstellt wird, sobald mehr als die Hälfte des aktuellen Geschäftsjahres abgeschlossen ist. Dies ermöglicht es beispielsweise, dass der Forecast 3 bereits als erste Indikation für das Aufstellen des Budgets für das nächste Geschäftsjahr herangezogen wird.
Diese Methode bietet eine hohe Prognosegenauigkeit für das erste Quartal (manchmal auch die ersten beiden Quartale), da Auftragseingänge bzw. -stände – je nach Branche bzw. Geschäftsmodell unterschiedlich weit in die Zukunft – die Umsätze und damit verbundene Aufwände determinieren. Das Unternehmen kann schneller auf Veränderungen reagieren, da nach jedem Quartal neu geplant wird: ein bis zwei Quartale genau(er), drei bis vier Quartale grob mit Forecasts und retrograden Ableitungen. Darüber hinaus macht man sich laufend Gedanken über die weitere Zukunft, da der Forecast für die Quartale >1 bereits teilweise in das nächste Geschäftsjahr übergeht. Es stellt sich jedoch die Frage, in welchem Zeitraum wichtige Informationen zur zukünftigen Entwicklung benötigt werden, und wie schnell Veränderungen analysiert und bestimmt werden können.
3.2 Makroökonomischer Forecast
Dem Mangel an objektiver Berücksichtigung externer Marktfaktoren in der Planung kann durch Berücksichtigung jener makroökonomischen Trends entgegengewirkt werden, die empirisch nachweisbar maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensergebnisse haben. Als makroökonomische Trends wird hier die Summe aller (volks-)wirtschaftlichen Faktoren definiert, die das Unternehmensumfeld, das Marktpotenzial und in weiterer Folge die Unternehmensumsätze prägen. Ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis ist das Economic Trend Outlook Model (Makroökonomisches Trend- und Umsatzprognosemodell), das den makroökonomischen Einfluss der Wirtschaftsentwicklung unternehmensspezifisch in fünf Schritten erfassbar macht (siehe Abb. 5).
In Stufe 1 wird die monatliche Umsatzveränderungsrate über mindestens einen Konjunkturzyklus – im Beispiel Hoerbiger USA sind sieben Jahre die durchschnittliche Dauer eines gesamten Konjunkturzyklusses – geglättet und aggregiert berechnet. Ähnlich einem gleitenden Durchschnitt soll die Jahresänderungsrate die monatlichen und kurzfristigen Volatilitäten bzw. Umsatzschwankungen eliminieren und den zugrunde liegenden mittel- und langfristigen Umsatztrend, respektive den firmenspezifischen Konjunkturzyklusverlauf identifizieren und darstellen.
In Stufe 2 erfolgt die Auswahl relevanter Wirtschafts- bzw. Frühindikatoren über Korrelations- und Regressionsanalysen mit standardisierten und unternehmensspezifischen (Region, Branche, etc.) Indikatorensets und der errechneten Umsatzveränderungsrate. Es werden meist zwischen 800 und 1.000 (potenziellen) Vorlaufindikatoren untersucht, wobei weltweit geschätzt über eine Million unterschiedlicher Konjunkturindikatoren und Zeitreihen in verschiedensten, meist kostenpflichtigen Datenbanken abrufbar sind. Typische Frühindikatoren sind beispielsweise Auftragseingänge, Produktionsindi...