Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 615
Der Organträger hat die Beteiligung an der Organgesellschaft in der Handels- und Steuerbilanz nach den allgemeinen Vorschriften zu aktivieren. Damit stellt sich auch die Frage, ob eine Teilwertabschreibung zulässig ist und welche steuerlichen Folgen sie hat. Diese Frage hat für Körperschaften als Organträger keine Bedeutung, da eine Teilwertabschreibung bei diesen nach § 8b Abs. 3 KStG keine steuerliche Wirkung entfaltet. Bedeutsam ist sie jedoch für Personengesellschaften und natürliche Personen als Organträger. Bei diesen wirkt sich nicht nur die Teilwertabschreibung, sondern auch eine entsprechende Teilwertzuschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 S. 4 EStG bis zu den Anschaffungskosten aus.
Rz. 616 einstweilen frei
Rz. 617
Nach R 14.7 Abs. 3 S. 1 KStR ist eine Teilwertabschreibung der Organbeteiligung bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen grds. möglich. Das bedeutet, dass eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden kann, wenn der Wert der Beteiligung an der Organgesellschaft, z. B. durch geänderte technische oder wirtschaftliche Verhältnisse oder durch Verfall von stillen Reserven, gesunken ist. Diese Teilwertabschreibung hat im Rahmen der allgemeinen Vorschriften steuerliche Wirkung.
Rz. 618
Verluste der Organgesellschaft sind allein kein ausreichender Grund für eine Teilwertabschreibung. Eine Teilwertabschreibung ist immer dann möglich, wenn der Teilwert der Beteiligung unter den Buchwert gesunken ist. Handelt es sich um eine Organgesellschaft, kann sich das Vermögen der Organgesellschaft nicht durch Verluste mindern. Die Verluste werden vom Organträger übernommen, die Organgesellschaft erhält anstelle des verlorenen Vermögens entweder einen tatsächlichen Ausgleich vom Organträger oder erwirbt eine Forderung aus der Übernahme der Verluste. Der damit verbundene Vermögenszuwachs entspricht dem Vermögensverlust. Der Wert der Beteiligung bleibt daher unverändert. Dadurch wird verhindert, dass sich die gleichen Verluste bei dem Organträger doppelt auswirken, nämlich einmal durch Zurechnung des negativen Einkommens der Organgesellschaft und ein zweites Mal durch die Teilwertabschreibung der Beteiligung an der Organgesellschaft.
Rz. 618a
Der Wert, den die Beteiligung an der Organgesellschaft für den Organträger hat, ist unter Berücksichtigung des Vermögenswerts und der funktionalen Bedeutung im Rahmen des Unternehmens des Organträgers zu bestimmen. Die Organgesellschaft kann im Rahmen der Unternehmensgruppe des Organträgers trotz dauerhafter Verluste eine wichtige und unverzichtbare Rolle spielen. Zu berücksichtigen sind auch etwaige Ergebnisverlagerungen durch Leistungsbeziehungen. Die im Rahmen der Teilwertermittlung maßgebende Sicht eines gedachten Erwerbers des Unternehmens des Organträgers würde berücksichtigen, welche funktionale Bedeutung die Organgesellschaft für die Tätigkeit der Unternehmensgruppe hat. Der Teilwertgedanke verbietet eine Wertbestimmung unter dem Gesichtspunkt der Einzelveräußerung der Anteile. Der Wert der Organbeteiligung ist daher nur dann unter die Anschaffungskosten gesunken, wenn der gedachte Erwerber bei dem Erwerb des ganzen Unternehmens des Organträgers für die Organbeteiligung einen unter den Anschaffungskosten liegenden Preis zahlen würde.
Rz. 619
Zu erwartende Verluste der Organgesellschaft können daher nur durch bilanzielle Maßnahmen bei der Organgesellschaft berücksichtigt werden. Denkbar sind etwa Teilwertabschreibungen auf die Anlagen wegen nachhaltig gesunkener Rentabilität oder Drohverlustrückstellungen, die jedoch steuerlich nicht mehr anzusetzen sind. Diese Verluste der Organgesellschaft werden dann per Ergebnisabführung auf den Organträger übertragen.
Rz. 620
Die Richtigkeit dieser Ansicht zeigt sich auch bei einer Veräußerung der Organbeteiligung. Besteht z. B. das Vermögen der Organgesellschaft nur aus technischen Anlagen und nimmt die Organgesellschaft eine Abschreibung dieser Anlagen wegen technischer Überalterung auf 1 EUR vor, so wirken sich die hierin liegenden Verluste durch Zurechnung des Einkommens bei dem Organträger aus. Die Organgesellschaft erwirbt in Höhe des übernommenen Handelsbilanzverlusts eine Forderung gegen den Organträger aus Verlustübernahme. Veräußert nun der Organträger seine Beteiligung, wird er dies nicht zu einem Preis von 1 EUR tun, was dem Wert des abgeschriebenen Anlagevermögens entspricht, sondern wird bei der Preisermittlung berücksichtigen, dass die Organgesellschaft noch den Vermögensgegenstand "Forderung gegen den Organträger" besitzt. Da sich das Vermögen der Organgesellschaft nicht verändert hat, sondern alle Verluste an Sachvermögen durch die Forderung gegen den Organträger kompensiert wurden, ist der Wert der Beteiligung nicht gesunken. Veräußert der Organträger die Beteiligung trotzdem für 1 EUR, so führt dies bei ihm zu einem Verlust, aber nicht deshalb, weil der Wert der Beteiligung infolge der früheren Verluste gesunken ist, sondern weil ein an sich wertvoller Vermögensgegenstand, die ...