Rz. 170
Soweit die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 UmwStG erfüllt sind, können die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz einheitlich mit dem Buchwert angesetzt werden. Buchwert ist gem. § 1 Abs. 5 Nr. 4 UmwStG der Wert, der sich nach den steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften in einer für den steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustellenden Steuerbilanz ergibt oder ergäbe. Bei unterschiedlichen Buchwerten für KSt und GewSt sind die jeweiligen Buchwerte fortzuführen.
Rz. 170a
Für die steuerliche Schlussbilanz bedeutet die Buchwertfortführung insbes.:
- Die steuerbilanziellen Ansatzverbote/-beschränkungen und Bewertungsvorbehalte (§§ 5 Abs. 2–6a EStG) gelten uneingeschränkt. Daher ist insbes. kein originärer Firmenwert anzusetzen. Auch spielen §§ 4f, 5 Abs. 7 EStG keine Rolle.
- Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG) können, Wertaufholungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4, Nr. 2 S. 3 EStG) müssen vorgenommen werden.
- Steuerfreie Rücklagen und Ausgleichsposten nach § 4g EStG (Rz. 67) können fortgeführt werden. Eine § 6b-Rücklage ist aber auch beim Buch- (oder Zwischenwert-) Ansatz vollständig noch aufzulösen, wenn steuerlicher Übertragungsstichtag und Ablauf der Reinvestitionsfrist zusammenfallen. Noch nicht verbrauchte Aufwandsverteilungen nach § 4f Abs. 1 EStG gehen über (§ 4 Abs. 1 S. 7 EStG).
- Ein Mitunternehmeranteil ist mit dem steuerlichen Kapitalkonto (einschließlich etwaiger Sonder- und/oder Ergänzungsbilanzen) der übertragenden Körperschaft bei der Mitunternehmerschaft anzusetzen (Spiegelbildmethode). Ein eigenständiges Wahlrecht hat die Mitunternehmerschaft nicht (s. a. Rz. 89d).
Zur Bilanzänderung und Bilanzberichtigung Rz. 92a.
Rz. 171
Nach h. M. und insbes. der Verwaltungsauffassung ist eine Buchwertfortführung nicht möglich, wenn der gemeine Wert der übergehenden Sachgesamtheit unter der Summe der Buchwerte der übergehenden Wirtschaftsgüter liegt. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut; "höchstens jedoch mit dem Wert nach Abs. 1" beziehe sich auch auf den Buch- und nicht nur den Zwischenwertansatz. Durch eine damit regelmäßig verbundene Abstockung der Wirtschaftsgüter werden stille Lasten "zwangsrealisiert", der daraus resultierende Übertragungsverlust bleibt wegen §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG aber regelmäßig ungenutzt (anders nur, wenn (i) ihm ein höherer laufender Gewinn gegenübersteht – in dieser Konstellation eher unwahrscheinlich – oder (ii) die stillen Lasten ausschließlich auf bisher nicht bilanzierte Passiva entfallen und der Aufwand (nach hier abgelehnter Auffassung) gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG auf die übernehmende Körperschaft übergeht (Rz. 68a)).
Dies stellt m. E. nicht nur ein sachwidriges Umwandlungshindernis dar (insbes. für notleidende Unternehmen) und ist damit mit der Zielsetzung des UmwStG, betriebswirtschaftlich sinnvolle Unternehmensumstrukturierungen zu erleichtern, nur schwer vereinbar. Auch zeigt m. E. ein Vergleich mit § 13 Abs. 2 UmwStG, dass der Gesetzgeber die Wertbegrenzung in § 11 Abs. 2 S. 1 UmwStG nur auf den Zwischenwert beschränkt sehen wollte (dort gibt es keinen Zwischenwertansatz, somit auch nicht den Zusatz "höchstens jedoch mit dem Wert nach Abs. 1"). Daher ist mit der m. E. zutreffenden a. A. auch in diesen Fällen ein Buchwertansatz möglich.
Rz. 172
Beim Buchwertansatz ist die (letzte) reguläre Steuerbilanz der inl. übertragenden Körperschaft grds. identisch mit der steuerlichen Schlussbilanz, sodass i. d. R. keine gesonderte Schlussbilanz aufgestellt werden muss (weiter Rz. 43b).
Rz. 172a
Auch ausl. übertragende Körperschaften müssen für ihr gesamtes Vermögen eine den deutschen Gewinnermittlungsvorschriften entsprechende steuerliche Schlussbilanz aufstellen (Rz. 44ff.), was in der Praxis insbes. mit Blick auf die (Nach-)Ermittlung der Buchwerte äußerst problematisch sein kann. Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, sollten einzelfallabhängig vereinfachende Billigkeitslösungen zugelassen werden (etwa Anknüpfung an die ausl. Wertansätze oder Beschränkung auf das in Deutschland steuerverstrickte Vermögen), bspw. bei einer ausl. Verschmelzung mit einer kleinen inl. Betriebsstätte.
Rz. 172b
Erhebt ein DBA-Anrechnungs- oder Nicht-DBA-Staat bei der Verschmelzung gegen eine inl. übertragende Körperschaft ausl. KSt auf das ausl. Vermögen (z. B. bei einer inl. Verschmelzung mit ausl. Anrechnungsbetriebstätte), kann die Steuer bei Fortführung der Buchwerte mangels inl. Einkünfte nicht angerechnet werden. Bei einer späteren Veräußerung kommt es somit zu einer phasenverschobenen zweiten Besteuerung.