Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung des BEEG auf deutschen Flugbegleiter bei ausländischer Fluggesellschaft mit Arbeitsvertrag außerhalb deutschen Rechts und Wohnsitz in Indien. Keine Zuständigkeit der Personalvertretung für ausländische Arbeitsverhältnisse ohne Einbindung in Flugbetrieb
Leitsatz (amtlich)
Auf das nicht deutschem Recht unterliegende Arbeitsverhältnis eines bei einer deutschen Fluggesellschaft im internationalen Flugverkehr beschäftigten Flugbegleiters mit Heimatbasis und Wohnsitz im Ausland (hier: Indien) finden die 15, 16, 18 Abs. 1 BEEG nicht als Eingriffsnormen iSd. Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO (34 EGBGB aF.) Anwendung.
Die Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretung erstrecken sich nach dem im Streitfall anwendbaren Tarifvertrag Personalvertretung Nr. 2 (TV PV Nr. 2) im Einklang mit der räumlichen Beschränkung des Betriebsverfassungsrechts auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit „Ausstrahlungswirkung“ auf die Flugzeuge.
Daraus folgt jedoch auch, dass in Angelegenheiten der Flugbegleiter mit ausländischem Arbeitsvertragsstatut, die nicht die Eingliederung der Flugbegleiter in den Flugbetrieb und ihren Einsatz auf den Flugzeugen betreffen, schon der räumliche Geltungsbereich des TV PV Nr. 2 nicht eröffnet ist.
Normenkette
EGBGB a.F. Art. 27 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, 2 Nrn. 1-2, Art. 34; EVÜ Art. 6 Abs. 2 Buchst. a); Rom I-VO Art. 8 Abs. 2 S. 1, Art. 9 Abs. 1; KSchG §§ 1-14; BGB §§ 622, 626, 174; BEEG §§ 15-16, 18 Abs. 1; BetrVG § 102 Abs. 1; EGBGB a.F.; EVÜ; KSchG; BGB; BEEG; BetrVG; ZPO §§ 21, 91 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.05.2018; Aktenzeichen 16 Ca 6411/17) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Mai 2018 – 16 Ca 6411/17 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen fristlosen Kündigung, das Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
Die Beklagte ist eine große deutsche Fluggesellschaft, die ihren Sitz in Köln und ihre Hauptniederlassung in Frankfurt am Main hat. Der Kläger war bei ihr seit dem 10. März 1996 als Flugbegleiter mit der Heimatbasis Delhi (Indien) beschäftigt. Er ist indischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Indien, wo er mit seiner Familie auch seinen Lebensmittelpunkt hat. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der zwischen den Parteien in Delhi abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 8. Februar 1996 („Working contract“, Anl. B 17, Bl. 134 f. d. A.), der die Anschrift der Niederlassung der Beklagten in Delhi trägt und der für die Arbeitgeberseite durch ihren für die Personalabteilung in Dehli verantwortlichen Regional Manager Finance & Personal, South Asia unterzeichnet wurde. In § 2 des Arbeitsvertrags war vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis indisches Recht sowie die Beschäftigungsbedingungen für regionale Flugbegleiter in Indien („Rules of Employment Regional Flight Attendants India", Anl. B 18, Bl. 270 ff. d. A.) und das Handbuch zur Besatzungsplanung („Crew Scheduling Manual for Regional Flight Attendants A German Airlines", Anlage B 18, BI. 295 ff. d. A.) Anwendung finden. Das vom Kläger bei der Beklagten durchschnittlich erzielte Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 79.151 Indische Rupien, bzw. umgerechnet € 1.046,83. Die anfallenden Steuern und Sozialversicherungsabgaben wurden in Indien entrichtet.
Bei der Beklagten besteht eine Personalvertretung, die auf der Grundlage des nach § 117 Abs. 2 BetrVG geschlossenen Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 2 (TV PV Nr. 2) für das Bordpersonal in der Fassung vom 3. Februar 2017 gebildet worden ist. In § 1 und 1b des dem Betriebsverfassungsgesetz nachgebildeten TV PV Nr. 2 heißt es auszugsweise:
„§ 1 Errichtung von Personalvertretungen
(1) Im Flugbetrieb der DLH wird eine Personalvertretung gewählt.
(2) Aufgaben und Befugnisse dieser Personalvertretung erstrecken sich auf den Bereich der Bundesrepublik Deutschland sowie auf die von der DLH betriebenen Flugzeuge nach Maßgabe dieses Tarifvertrages.
[…]
§ 1b Persönlicher Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des fliegenden Personals der DLH (im Folgenden bezeichnet als Arbeitnehmer), die unter den Geltungsbereich des jeweils geltenden „Manteltarifvertrag für das Cockpitpersonal DLH“ bzw. “Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal DLH“ fallen.
[…].“
Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 8. Februar 2018 (MTV Nr. 2) regelt in § 1 auszugsweise:
„§ 1 Geltungsbereich/Arbeitsvertrag
(1) Dieser Manteltarifvertrag gilt für […]. Für Kabinenmitarbeiter, die im Ausland mit dortiger Homebase und örtlichem Arbeitsvertrag eingestellt werden (regionale Flugbegleiter) sind Abweichungen vom Manteltarifvertrag in P...