Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbleib von Abmahnungen in Personalakte; Arbeitsunfähigkeitsattest; Kündigung wegen wahrheitswidrig gemachter Angaben
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 5 Ca 1864/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Staates gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 1999 – 5 Ca 1864/98 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Verbleib von insgesamt sechs Abmahnungen in der Personalakte des Klägers, die diesem u. a. erteilt wurden wegen falscher Auskunftserteilung im Rahmen seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in der Telefonzentrale des Generalkonsulats des beklagten Staates und wegen unzureichenden zwischenmenschlichen Taktgefühls bzw. unfreundlicher Auskunftserteilung. Wegen der Einzelheiten der Abmahnungen wird auf die Abmahnungsschreiben (Bl. 6 –18 d. A.) verwiesen. Die Parteien streiten ferner über die Berechtigung des beklagten Staates von dem Kläger die Vorlage eines Arbeitsunfähigkeitsattestes ab dem ersten Tag einer Arbeitsunfähigkeit zu verlangen und schließlich über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der auf Grund der Kündigung des beklagten Staates vom 2. April zum 31. Mai 1998 im Streit steht. Der beklagte Staat stützt die Berechtigung der Kündigung auf nach seiner Einlassung vom Kläger wahrheitswidrig gemachter Angaben über Verhaftungen durch Polizei und Militär.
Der Kläger ist seit 13. September 1993 im Generalkonsulat des beklagten Staates … beschäftigt. Er war als sog. Visa-Assistant in der Visa-Informationsabteilung des Generalkonsulats tätig. Die Tätigkeit des Klägers im Einzelnen bestand darin, telefonische Anfragen zu Visaerteilungen zu beantworten und Auskunft über den Sachstand laufender Visaverfahren an Hand der Aktenlage ebenfalls telefonisch zu erteilen.
Das Arbeitsgericht hat auf Anregung des beklagten Staates zunächst durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf die Unterwerfung des Streits unter die deutsche Gerichtsbarkeit entschieden. Es hat angenommen, dass die Klage zulässig ist. Wegen der Begründung des angegriffenen Urteils und zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichtes Frankfurt am Main vom 22. Juni 1999 (Bl. 53 –57 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat der beklagte Staat innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 26. Juni 2000 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Der beklagte Staat wiederholt seine schon erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen sei. Der beklagte Staat meint, das Prinzip der Nichteinmischung in die Ausübung hoheitlicher Befugnisse eines fremden Staates bzw. der Grundsatz der Staatenimmunität als das für den Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit maßgebliche Prinzip sei nicht nur dann beeinträchtigt, wenn der Bestand eines zu hoheitlichem Handeln verpflichtenden Arbeitsverhältnisses durch deutsche Gerichte überprüft werde, sondern auch dann, wenn die streitbefangene Handlung oder Maßnahme nicht ohne Verletzung der Staatenimmunität überprüft werden kann, weil die Überprüfung eine wertende und beurteilende Aussage hinsichtlich der inneren Verwaltungs- und Organisationsstruktur des Konsulates des fremden Staates beinhalten würde. Der beklagte Staat verweist insoweit auf die Entscheidung desHessLAG vom 11. Mai 1998 – 10 Sa 1506/97 –. Der beklagte Staat ist allerdings zunächst der Ansicht, dass der Kläger arbeitsvertraglich sehr wohl zur Erfüllung hoheitlicher, konsularischer Aufgaben verpflichtet sei. Der beklagte Staat meint, der Kläger sei als Visa-Assistant im Rahmen des hoheitlichen Verwaltungsverfahrens des beklagten Staates auf Visaerteilung tätig. Eine Aufspaltung des Visaverfahrens in einen hoheitlichen und nichthoheitlichen Bereich des Verwaltungsverfahrens sei nicht möglich. Der beklagte Staat meint im Übrigen, dass auch eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der dem Kläger erteilten Abmahnungen einen Eingriff in die Organisations- und Verwaltungshoheit des Konsulates darstellen würde, da Ausdruck dieser Verwaltungs- und Organisationshoheit in personeller Hinsicht sei, wie das Konsulat die beschäftigten Arbeitnehmer mit den dafür geeigneten Mitteln zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung anhalte. Schließlich meint der beklagte Staat, dass die Personalakten unverletzbare konsularische Archive und Schriftstücke im Sinne des Art. 33 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen seien.
Der beklagte Staat beantragt,
das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Juni 1999 – 5 Ca 1864/98 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des beklagten Staates zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und meint, der beklagte Staat sei der irrigen Auffassung, dass jede Überp...