Rz. 11
Schriftliche VA werden im Regelfall mit der Post übersandt. In diesen Fällen gilt im Inland zugunsten des Adressaten der dritte Tag nach Aufgabe zur Post als frühester Zugangszeitpunkt. Ein tatsächlich früherer Zugang ist unbeachtlich. Bei den drei Tagen handelt es sich nicht um eine Frist i. S. v. § 26, so dass der Zugang auch auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fallen kann (BSG, Urteil v. 9.12.2008, B 8/9b SO 13/07 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.1.2009, L 2 AS 5718/08; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 28.5.2015, L 5 KR 594/14). Die Aufgabe zur Post geschieht durch Einwurf in einen Postkasten oder durch Ablieferung beim Postamt. Die Aufgabe zur Post muss – anders als in § 4 Abs. 2 VwZG n. F. – nicht seitens der Behörde dokumentiert werden. Sie sollte jedoch dokumentiert werden, da ansonsten die Zugangsfiktion nicht greift (BSG, Urteil v. 3.3.2009, B 4 AS 37/08 R). Dazu ist erforderlich, dass die Abschlussverfügung in den Akten einen entsprechenden Erledigungsvermerk enthält (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.11.2014, L 5 AS 585/13). Die Zugangsfiktion wird auch durch Bekanntgabe an den Betreuer ausgelöst (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.1.2014, L 9 SO 469/13 WA).
Rz. 12
Für den elektronischen Verwaltungsakt sind grundsätzlich 2 Möglichkeiten der Bekanntgabe zu unterscheiden. Soweit per E-Mail bekanntgegeben wird, gilt auch für den elektronischen VA die Zugangsfiktion von 3 Tagen ab dem Datum der Absendung des elektronischen Dokumentes, obwohl die Übermittlungsdauer in diesen Fällen an sich so kurz ist, dass die Entfernung zum Bestimmungsort bedeutungslos wird. Für diese Bekanntgabe elektronischer VA besteht daher nach der Gesetzesänderung zum 1.1.2009 die Beschränkung der Vermutungsregelung auf das Inland unzweifelhaft nicht. Grundsätzlich könnte bei elektronischer Übermittlung der Zugang spätestens am Tage nach der Übermittlung vermutet werden. Von einer solchen Fristverkürzung ist jedoch im Gesetzgebungsverfahren Abstand genommen worden. Im Hinblick darauf, dass aber z. B. im Internet der Übertragungsweg nicht vorhersagbar ist und daher nicht von einer Übermittlung am gleichen Tage ausgegangen werden kann, wird aber wie bei der postalischen Versendung der Zugang erst am dritten Tag nach der Absendung vermutet. Mit der Bezugnahme auf die Absendung des Dokuments wird gleichzeitig ein der Aufgabe zur Post vergleichbarer Anknüpfungspunkt gewählt (so BT-Drs. 14/9000 S. 34 zu § 41 VwVfG).
Rz. 12a
Soweit die Behörde bekanntzugebende Verwaltungsakte z. B. auf einer Internetplattform bereitstellt, so dass sie von dem Adressaten über das Internet jederzeit und von jedem Ort abgerufen werden können, gilt Abs. 2a. Die Zugangsfiktion findet keine Anwendung. Da die Verwaltungsakte nicht wie bei der herkömmlichen Bekanntgabe von der Behörde an den Adressaten übermittelt, sondern nur zur Abholung bereitgestellt werden, setzt diese Form der Bekanntgabe die Einwilligung des Beteiligten voraus. Die Einwilligung kann für das gesamte Verwaltungsverfahren einem bestimmten Sozialleistungsträger gegenüber erteilt und jederzeit mit Wirkung für die Zukunft gegenüber der Behörde widerrufen werden. Die Behörde muss durch geeignete Identifizierungsmittel sicherstellen, dass nur Berechtigte auf den Verwaltungsakt zugreifen können. Identifizierungsmittel sind geeignet, wenn sie der Zuordnung des jeweils in der Handreichung des IT-Planungsrats ("Handreichung mit Empfehlungen für die Zuordnung von Vertrauensniveaus in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern bzw. der Wirtschaft") für die konkrete Verwaltungsdienstleistung festgelegten Vertrauensniveaus entsprechen. Der elektronische Verwaltungsakt muss für den Adressaten speicherbar sein, damit er im Rechtsverkehr verwendbar ist. Ein System mit reiner Lesefunktion reicht deshalb nicht aus. Um den Zugang nachweisen zu können, muss der erstmalige Abruf des elektronischen Verwaltungsaktes protokolliert werden. Ein Abruf über das Internet ist auch am Ende eines Tages möglich; deshalb ist eine Bekanntgabefiktion für den auf den Abruf folgenden Tag vorgesehen. Aus Gründen des Sozialdatenschutzes (Nr. 4 der Anlage zu § 78a) darf eine Benachrichtigung über die Bereitstellung zum Abruf nur dann durch unverschlüsselte E-Mail erfolgen, wenn der Betroffene ausdrücklich sein Einverständnis dazu gegeben hat. Soweit bei der Behörde und beim Adressaten die Voraussetzungen dafür vorliegen, sollte die Benachrichtigung auf dem besonders sicheren Weg einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz erfolgen. Die Vorschrift stellt zudem klar, dass die Einwilligung in das Abrufverfahren keinen Anspruch auf Bekanntgabe in dieser Form vermittelt. Für die wirksame Bekanntgabe durch Datenabruf ist die Mitwirkung des Adressaten erforderlich. Erfolgt der Abruf trotz Benachrichtigung über die Bereitstellung nicht innerhalb von 10 Tagen, wird die Bereitstellung beendet. Der Verwaltungsakt kann dann erneut zum Abruf bereitgestellt oder auf andere Weise, z. B. per P...