Rz. 21
Der Leistungsträger ist befugt, die Aufhebung nur mit Wirkung für die Zukunft vorzunehmen, wenn der Betroffene vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, auf denen der VA beruht. Fahrlässigkeit (auch gröbste) reicht nicht aus. In diesen Fällen beruht der fehlerhafte VA auf von dem Betroffenen selbst gesetzten Ursachen, so dass sich das spätere Überprüfungsverlangen als widersprüchliches Verhalten darstellt. Der Vorsatz braucht nicht gezielt gewesen zu sein, es genügt die innere Billigung einer möglichen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben. Er muss sich lediglich auf die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von gemachten Angaben beziehen, das Unterlassen von Angaben wird man dann als ausreichend anzusehen haben, wenn zu Mitteilungen eine Rechtspflicht bestand. Die objektive Beweislast für den Vorsatz wird im Zweifel der Behörde obliegen, der Nachweis für diese innere Tatsache wird ggf. durch Schlussfolgerungen aus äußeren Tatsachen und den näheren Umständen des Falles geführt werden können.
Rz. 22
Im Leistungsbereich wird kaum je die Herbeiführung eines belastenden VA durch vorsätzlich unrichtige Angaben in Betracht kommen. Im Beitragsbereich kann der Fall vorsätzlich unrichtiger Angaben darin bestehen, dass bei einer Einkommensschätzung zur Beitragsberechnung (§ 12 KSVG, §§ 234, 240 Abs. 4 SGB V, § 165 SGB VI) die Angaben bewusst überhöht angegeben werden, um im Leistungsfall einen höheren Anspruch (Krankengeld, Übergangsgeld, später höhere Rente) zu haben. Wird dann wegen Nichteintritts des Leistungsfalles ein Überprüfungsantrag mit Vorlage von konkreten Unterlagen gestellt und die Rückforderung zuviel entrichteter Beiträge verlangt, beruht die objektiv überhöhte Beitragsfestsetzung auf vorsätzlich falschen Angaben.
Rz. 23
Durch Gesetz v. 6.4.1998 war rückwirkend ab 1.1.1998 die Regelung des Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 eingefügt worden. Danach sollte mit Ausnahme von Rentnern eine rückwirkende Aufhebung dann nicht erfolgen, wenn Beiträge für Wertguthaben wegen einer nicht zweckentsprechenden Verwendung (§ 7 Abs. 1a SGB IV) nach § 23b Abs. 2 SGB IV zurückliegenden Zeiten zugeordnet worden waren (zur Gesetzesbegründung vgl. BT-Drs. 13/9818 S. 27).
Rz. 24
Durch das Vierte Euro-Einführungsgesetz wurde § 23b SGB IV geändert (Art. 4 Nr. 9) und zugleich damit die darauf abstellende Regelung der Nr. 2 in § 44 Abs. 1 Satz 2 mit Wirkung zum 1.1.2001 aufgehoben.
Rz. 25
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 2 vor, muss die Behörde die Rücknahme nur mit Wirkung für die Zukunft, d. h. ab Bekanntgabe des Rücknahmebescheides (§ 39 Abs. 1) aussprechen. Da jedoch eine rückwirkende Rücknahme nicht ausgeschlossen ist, kann sie als Ermessensentscheidung auch den Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen.