Rz. 320

[Autor/Stand] Auf Art und Höhe des Betrags, den der Täter im Rahmen des § 371 AO nachentrichten muss, enthält das Gesetz an mehreren Stellen Hinweise.

a) "Hinterzogene Steuern" und Hinterziehungszinsen

 

Rz. 321

[Autor/Stand] Mit den Worten "die [...] hinterzogenen Steuern" stellt § 371 AO klar, dass sich die Nachzahlungspflicht im Sinne dieser Vorschrift auf den Betrag beschränkt, den der Täter oder Mittäter unmittelbar durch die Steuerhinterziehung erlangt hat. Insofern hat sich gegenüber der früheren Formulierung in § 395 Abs. 3 RAO ("die verkürzten Steuern") keine Änderung ergeben.

 

Rz. 322

[Autor/Stand] Hierzu zählen nur die vorsätzlich hinterzogenen Steuern, so dass infolge der Selbstanzeige aufgedeckte Mehrsteuern, die unverschuldet oder fahrlässig (bei Leichtfertigkeit vgl. aber § 378 Abs. 3 AO) verkürzt wurden, nicht darunterfallen und insoweit eine Fristsetzung zur Nachzahlung nicht in Betracht kommt[4].

 

Rz. 323

[Autor/Stand] Nach der seit dem 1.1.2015 geltenden Fassung setzt § 371 Abs. 3 Satz 1 AO neben der Entrichtung der zu eigenen Gunsten hinterzogenen Steuern nunmehr auch die Entrichtung der damit korrespondierenden Hinterziehungszinsen sowie Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO, soweit sie auf die Hinterziehungszinsen nach § 235 Abs. 4 AO angerechnet werden, voraus.

Mit Recht wird die Einbeziehung der Pflicht zur Zahlung der Hinterziehungszinsen in der Literatur überwiegend kritisch gesehen[6]. Die durchschnittliche Verfahrensdauer bis zur Einstellung nach Abgabe der Selbstanzeige wird sich hierdurch, auch in ansonsten einfach gelagerten Fällen, verlängern. Eine sachliche Notwendigkeit dieser verfahrensrechtlichen Verkomplizierung besteht m.E. nicht. Eine Begründung gibt auch der Regierungsentwurf[7] nicht. In den allermeisten Fällen wird der Stpfl., der nach Abgabe der Selbstanzeige die nacherhobenen Steuern entrichtet, auch die Hinterziehungszinsen zahlen[8]. Wie die Steuern selbst, unterliegen auch die nach § 235 AO festzusetzenden Zinsen der Vollstreckung von Ansprüchen aus dem Steuerverhältnis (vgl. § 37 Abs. 1 AO)[9].

 

Rz. 323.1

[Autor/Stand] Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht selten vorkommt, dass zwar eine Steuerverkürzung objektiv feststeht, aber der subjektive Tatbestand unklar ist. In der Praxis wird man regelmäßig eine Berichtigung nach § 153 AO vorsorglich selbstanzeigesicher ausgestalten. Die FinB nehmen häufig – auch ohne konkrete Hinweise auf ein vorwerfbares Verhalten – Vorsatz an und stufen die Korrektur entsprechend als Selbstanzeige nach § 371 AO und nicht bloß als Berichtigung gem. § 153 AO ein. Insoweit kann selbstverständlich auf steuerlicher Ebene gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen vorgegangen werden. Gleichwohl sind die Hinterziehungszinsen zunächst zu zahlen, um die Wirksamkeit der Selbstanzeige und damit die Einstellung des Verfahrens zu bewirken.

 

Rz. 323.2

[Autor/Stand] Umstritten ist im Zusammenhang mit der Nachzahlungspflicht von Hinterziehungszinsen, inwieweit sich die mögliche Verfassungswidrigkeit der Höhe der Hinterziehungszinsen steuerstrafrechtlich auswirkt. Nach m.E. kann der Ansicht von Rolletschke[12], dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung schädlich für die strafaufhebende Wirkung der Selbstanzeige sei, nicht gefolgt werden. Hiernach soll zwar die Antragsstellung keinen Widerruf darstellen (vgl. auch Rz. 252), jedoch die Nichtzahlung der Hinterziehungszinsen dazu führen, dass die mit der Selbstanzeigeerklärung erworbene Anwartschaft auf Strafaufhebung nicht zum "Vollrecht" erstarken würde. Bei einer Erstattung soll die eingetretene Strafaufhebung sogar wieder entfallen. Aus diesem Grund rät Rolletschke sogar noch weitergehend dazu, bei einer Aussetzung von Amts wegen die Hinterziehungszinsen trotzdem in voller Höhe zu leisten bzw. einer Erstattung zu widersprechen[13]. Richtigerweise kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung für die Strafaufhebung nicht schädlich sein, wenn der Stpfl. zunächst fristgerecht gezahlt hat[14]. Stenert/Wulf weisen insoweit zu Recht darauf hin, dass für den Fall, dass der gesetzliche Zinssatz von 6 % letztlich bestätigt wird, die Aussetzung der Vollziehung irgendwann endet. Dann wären auch die Zinsen zu bezahlen. Derjenige, der dann nicht in der Lage ist, die Zahlungen zu leisten, ist dann auch der Gefahr ausgesetzt, die strafbefreiende Wirkung des § 371 AO zu verlieren.

 

Rz. 324

[Autor/Stand] Nach dem eindeutigen Wortlaut ist hingegen weiterhin nicht Voraussetzung der Strafbefreiung die Zahlung sonstiger steuerlicher Nebenleistungen i.S.d. § 3 Abs. 4 AO. Hierzu zählen

Dass steuerliche Nebenleistungen nicht von der Nachzahlungspflicht nach § 371 Abs. 3 AO umfasst sind, war bereits zur früheren Fassung der Vorschrift einhellige Ansicht[17].

b) Höhe des nachzuzahlenden Betrags

 

Rz. 325

[Autor/Stand] § 371 Abs. 3 AO verlangt keine ausdrückliche "Festsetzung" der geschuldeten Steuer und der Zins...

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