Rz. 81
Den Kreis der Personen, die die in § 371 Abs. 1 AO geforderte Berichtigungserklärung wirksam abgeben können, begrenzt das Gesetz mit den Worten, "wer [...] berichtigt [...] bleibt insoweit straffrei". Das heißt mit anderen Worten: Die Selbstanzeigemöglichkeit besteht für denjenigen, der andernfalls – wegen der unter Rz. 60–63 aufgeführten Taten – bestraft werden würde. Das ist jeder Tatbeteiligte an einem selbstanzeigefähigen Delikt, also der Allein- oder Mittäter oder mittelbare Täter (vgl. § 25 StGB) sowie der Teilnehmer (Anstifter, Gehilfe, vgl. §§ 26, 27 StGB).
Ohne Bedeutung ist, ob der Täter oder Teilnehmer selbst Steuerschuldner ist oder ob er nur gem. § 71 AO wegen seiner Tatbeteiligung für die verkürzte Steuer haftet. Zu den Konsequenzen bzgl. der Nachzahlungspflicht gem. § 371 Abs. 3 AO s. eingehend Rz. 297 ff.
Rz. 82
Aus der zitierten Formulierung des § 371 Abs. 1 AO und der Rechtsnatur der Selbstanzeige als persönlicher Strafaufhebungsgrund (s. Rz. 52 f.) ergibt sich zwingend, dass nur der Täter oder Teilnehmer Straffreiheit erlangt, der persönlich in der geforderten Weise Angaben berichtigt oder nachholt. Erstattet z.B. der Anstifter Selbstanzeige, so kommt sie nur ihm selbst, nicht aber dem Täter, der davon nichts weiß, zugute. Dieser erleidet vielmehr dadurch den Nachteil, dass die Tat als entdeckt gilt und damit § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO einer Selbstanzeige des Täters entgegensteht. Daher empfiehlt sich eine vorherige Abstimmung zwischen den Tatbeteiligten (s. auch Rz. 91 ff.). Insbesondere bei Steuerhinterziehungssachverhalten in Unternehmen ist die Problematik von besonderer Bedeutung (s. hierzu Rz. 96 f.).
Rz. 83
Das Gesetz schreibt jedoch keine höchstpersönliche Erstattungspflicht vor. Eine allzu eng am Wortlaut haftende Auslegung würde nicht nur dem fiskalischen Zweck des § 371 AO zuwiderlaufen, sondern auch in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten führen, die die Anwendung des § 371 AO wesentlich einschränkte. Von denjenigen Personen, die an einer Steuerhinterziehung mitgewirkt haben, hat häufig nur ein geringer Teil die Sachkenntnis und den Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse des Steuerschuldners, die ihn erst in die Lage versetzen, die infrage stehende Steuererklärung persönlich so zu berichtigen oder nachzuholen, wie dies § 371 Abs. 1 AO verlangt. Das gilt für den nicht sachkundigen Täter, der sich in seinen Steuerangelegenheiten von einem Steuerberater vertreten lässt, ebenso wie für den Teilnehmer, der keinen Zugang zu den Büchern des Steuerschuldners hat und deshalb beim besten Willen die geforderten Angaben nicht selbst machen kann. In derartigen Fällen einem selbstanzeigewilligen Täter die in Aussicht gestellte Straffreiheit nur deshalb zu versagen, weil er die – im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen entsprechende – Berichtigungserklärung nicht selbst formuliert oder bei der FinB eingereicht hat, wäre nicht nur unbillig, sondern würde dem Zweck des § 371 AO widersprechen, dem Täter die Wiedergutmachung seiner Tat so weit wie möglich zu erleichtern. Dem Sinn und Zweck des § 371 Abs. 1 AO, wie er in seinem Wortlaut Ausdruck gefunden hat, wird vielmehr Genüge getan, wenn die Abgabe der Selbstanzeigeerklärung auf dem Willen des Tatbeteiligten beruht und von ihm veranlasst wurde.