Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 3
Die FinB kann gem. § 400 AO selbständig – ohne Einschaltung der StA – in "geeigneten Fällen" (s. § 400 Rz. 53 ff.) bei Gericht den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls stellen (s. die Erl. zu § 400). Durch § 406 Abs. 1 AO werden die staatsanwaltschaftlichen Befugnisse in begrenztem Umfang auf das Strafbefehlsverfahren erstreckt. Die Begrenzung ist darin zu sehen, dass die Wahrnehmung der eigenständigen Mitwirkungsbefugnisse enden,
In diesem vergleichsweise kleinen Abschnitt des gesamten Strafbefehlsverfahrens (s. Übersicht § 400 Rz. 25) zwischen der Stellung des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls und der Anberaumung der Hauptverhandlung bzw. Einlegung des Einspruchs ist die FinB "rechtlicher Ansprechpartner" der übrigen Verfahrensbeteiligten.
Rz. 4
Hervorzuheben ist Folgendes: Auch nach Stellung des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls ist eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO möglich (s. § 400 Rz. 150 f.; § 385 Rz. 559 ff.). Im Strafbefehlsverfahren ergeht die gem. § 153 Abs. 2 Satz 1 StPO hierzu erforderliche "Zustimmung durch die Staatsanwaltschaft" durch die FinB, sofern sie den Antrag auf Erlass des Strafbefehls gestellt hat.
Will der Richter einzelne Tatteile ausscheiden oder die Strafverfolgung beschränken, bedarf es der Mitwirkung der FinB (§ 154 Abs. 2 und § 154a Abs. 2 StPO i.V.m. § 406 Abs. 1 AO). Sie hat einen entsprechenden Antrag zu stellen (§ 154 Abs. 2 StPO) bzw. ihre Zustimmung zu erteilen (§ 154a Abs. 2 StPO).
Solange der Richter über den Strafbefehl nicht entschieden hat, kann die FinB den Strafbefehlsantrag zurücknehmen (s. § 400 Rz. 123).
Der Richter ist – abgesehen von den rechtlichen Möglichkeiten einer abweichenden Entscheidung (s. § 400 Rz. 138 ff.) – an den Strafbefehlsantrag der FinB gebunden, er darf nicht inhaltlich davon abweichen (s. § 400 Rz. 141). Beabsichtigt der Richter, vom Strafbefehlsantrag der FinB in rechtlicher Hinsicht oder im Rechtsfolgenausspruch abzuweichen, so wird er zunächst versuchen, eine Einigung zu erzielen (s. § 400 Rz. 141.1). Stimmt die FinB mit den Änderungsvorschlägen überein, stellt sie einen neuen, entsprechend modifizierten Strafbefehlsantrag. "Beharrt" sie jedoch auf ihrem Standpunkt, so beraumt der Richter die Hauptverhandlung an (§ 408 Abs. 3 Satz 2 StPO). Damit wird das Strafbefehlsverfahren zum "gewöhnlichen" Strafverfahren. Die Anklage wird ab dann von der StA vertreten.
Lehnt der Richter den Erlass eines Strafbefehls ab oder erlässt er ihn ohne Abstimmung mit der FinB mit geändertem Inhalt, kann die FinB nach h.M. gem. § 408 Abs. 2 Satz 2, § 210 Abs. 2 StPO sofortige Beschwerde einlegen (s. § 400 Rz. 145.1). Sie ist binnen einer Woche ab Bekanntmachung beim zuständigen AG einzulegen (§ 311 Abs. 2, § 35 StPO). Das Beschwerdegericht (LG) entscheidet nur über die Beschwerde und kann selbst keinen Strafbefehl erlassen, aber die Durchführung der Hauptverhandlung durch das AG anordnen.