Rz. 121

[Autor/Stand] Abgesehen von den in § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–5 OWiG genannten Fällen ist die Rechtsbeschwerde gegen amtsrichterliche Urteile (also nicht gegen Beschlüsse!) im Bußgeldverfahren dann zulässig, wenn sie durch das Beschwerdegericht zugelassen wird (§ 79 Abs. 1 Satz 2, § 80 OWiG ). Diese sog. Zulassungsbeschwerde setzt einen Antrag des Beschwerdeberechtigten voraus (§ 80 Abs. 3 OWiG). Auf diesen Zulassungsantrag, der als durch die Zulassung aufschiebend bedingte Rechtsbeschwerde gilt, sind die Vorschriften der §§ 344, 345 StPO entsprechend anzuwenden. Die Zulassungsbeschwerde ist nur ausnahmsweise statthaft, wenn die Nachprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung trotz der Ahndung von Bagatellunrecht

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen geringfügiger Ordnungswidrigkeiten ist gem. § 80 Abs. 2 OWiG nur zulässig zur Fortbildung materiellen Rechts. Die Wertgrenzen wurden (entsprechend § 79 OWiG) durch das ÄndGOWiG vom 26.1.1998 angehoben (auf 100 EUR Geldbuße für den Betroffenen in § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG und auf 150 EUR für die StA in § 80 Abs. 2 Nr. 2 OWiG). Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs ist die Höhe der verhängten Geldbuße ohne Bedeutung[3].

 

Beispiel

Das im OLG-Bezirk X gelegene AG hat gegen B im Bußgeldverfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung eine Geldbuße von 100 EUR verhängt. Dabei ist es bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "leichtfertig" dem OLG Y gefolgt, das insofern von der in einem Urteil als obiter dictum (nicht entscheidungserhebliche Urteilsbegründung) geäußerten Auffassung des OLG X abweicht. B erhebt Zulassungsbeschwerde mit der Begründung, der Begriff "leichtfertig" bedürfe einer höchstrichterlichen Klärung, notfalls durch Vorlage an den BGH gem. § 121 Abs. 2 GVG. Hier dient die Entscheidung sowohl der Fortbildung des Rechts (ungeklärte Rechtsfrage) als auch dazu, Unterschiede in der Rechtsanwendung zu verhindern.

Das Beschwerdegericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss (§ 80 Abs. 4 OWiG).

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[2] Vgl. BGH v. 12.11.1970 – 1 StR 263/70, BGHSt 24, 15.
[3] OLG Düsseldorf v. 16.2.1999 – 5 Ss (OWi) 3/99-1/99 I, NJW 1999, 2130 im Hinblick auf § 93a Abs. 2 BVerfGG.

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