Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsstrafe im vorformulierten Arbeitsvertrag bei Verstoß gegen Wettbewerbsverbot. Inhaltskontrolle
Leitsatz (redaktionell)
Eine Vetragsstrafenabrede in einem vorformulierten Arbeitsvertrag für den Fall des Verstoßes gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot und andere Vetragspflichten ist unwirksam, wenn sie für die Höhe der Vertragsstrafe lediglich einen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen nach der Schwere des Verstoßes einseitig die genaue Höhe der Vertragsstrafe festgelegt werden kann.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2; HGB § 60 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 22.07.2004; Aktenzeichen 1 Ca 201/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 22.07.2004 – Az.: 1 Ca 201/04 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Der Beklagte war bei der Klägerin, einem im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung tätigen Unternehmen, als Assistent im steuerlichen Beratungsdienst vom 01.09.1995 bis zum 31.12.2003 aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.11.1996 (Bl. 37-45 der erstinstanzlichen Akte) beschäftigt. Der Beklagte kündigte das Anstellungsverhältnis mit Schreiben vom 01.12.2003 zum 31.12.2003. Mit Schreiben vom 10.12.2003 stellte die Klägerin den Beklagten mit sofortiger Wirkung bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeit frei. Mit Schreiben vom 11.12.2003 wies die Klägerin den Beklagten auf seine arbeitsvertragliche Verpflichtung hin, sich während des Arbeitsverhältnisses jeglichen Wettbewerbs zu enthalten und untersagte dem Beklagten jegliche Kontaktaufnahme zu ihren Mandanten. Ab dem 10.12.2003 gingen bei der Klägerin Kündigungen von Mandanten ein, die zuvor der Beklagte betreut hatte. Insgesamt kündigten im Zeitraum vom 10.12.2003 bis zum 16.01.2004 (jedenfalls) dreizehn zuvor vom Beklagten betreute Mandanten ihr Mandatsverhältnis mit der Klägerin und wechselten zu Firma P.C. S.gesellschaft mbH, bei welcher der Kläger seit dem 01.01.2004 als Steuerfachgehilfe angestellt ist. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten bezüglich dieser 13 Kündigungen eine Vertragsstrafe in 13 Fällen zu je einem Bruttomonatsgehalt des Beklagten in Höhe von 3.588,00 EUR geltend und weist auf § 8 Abs. 1 des Anstellungsvertrages hin. § 8 Abs. 1 des Anstellungsvertrages lautet folgendermaßen:
Der Mitarbeiter hat im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes (etwa gegen das Wettbewerbsverbot, die Geheimhaltungspflicht oder bei einem Überschreiten der Befugnisse aus seinen Vollmachten) für jeden Einzelfall eine Vertragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Betrages des jeweiligen Monatsgehaltes bzw. nach seinem Ausscheiden des letzten Monatsgehaltes an die R. zu bezahlen. Die genaue Höhe wird von der R. festgesetzt und richtet sich nach der Schwere des Verstoßes. Die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens bleibt davon unberührt.
Die Klägerin hält die Vertragsstrafenregelung für wirksam und trägt vor, dass der Beklagte in den Fällen, auf die die Klägerin ihre Vertragsstrafe stütze, die Mandanten im Dezember 2003 zu einem Mandatswechsel zur Firma P.C. aufgefordert habe.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46.644,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz seit 01.01.2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Vertragsstrafenregelung in § 8 Abs. 1 des Anstellungsvertrages unwirksam ist. Er habe während des bestehenden Arbeitsverhältnisses aktiv keine Maßnahmen ergriffen, um die bislang von der Klägerin betreuten Mandanten abzuwerben. Die Mandanten hätten das Vertragsverhältnis mit der Klägerin ohne Einfluss des Beklagten gekündigt, weil sie sich auch künftig von ihm hätten betreuen lassen wollen aufgrund einer langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit, die eng verknüpft mit seinem persönlichen Einsatz gewesen sei. Insoweit legt der Beklagte Erklärungen der gewechselten Mandanten vor, die bestätigen sollen, dass der Beklagte den Mandanten lediglich sein Ausscheiden bei der Klägerin mitgeteilt hat, ohne jedoch seinen neuen Arbeitgeber zu nennen (Bl. 58-69 der erstinstanzlichen Akte).
Das Arbeitsgericht hat im am 22.07.2004 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Urteil insbesondere an, dass die Vertragsstrafenregelung in § 8 des Anstellungsvertrages unwirksam sei. Die Vereinbarung über die Vertragsstrafe verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Insbesondere die Bestimmung des „gravierenden Vertragsverstoßes” sei in mehrfacher Hinsicht unklar. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Seiten 4 und 5 des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses der Klägerin am 29.07.2004 zugestellte Urteil richtet sich d...