Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristete Aufstockung der Arbeitszeit um 1/4 der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG findet auf die befristete Erhöhung der Arbeitszeit im Rahmen eines unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses weder unmittelbare noch analoge Anwendung.

2. Die Regelung des § 14 TzBfG schließt die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Erfordernis eines Sachgrundes für die Befristung von einzelnen Arbeitsbedingungen – hier des Umfangs der Arbeitszeit – nicht aus.

3. Zum Befristungsgrund der zeitlich begrenzten Verfügbarkeit von entsprechenden Haushaltsmitteln und zu dem der (mittelbaren) Stellvertretung.

 

Normenkette

BGB § 623 in der zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung, § 620; TzBfG §§ 14, 17; KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 05.11.2002; Aktenzeichen 86 Ca 19757/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen 7 AZR 342/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 05. November 2002 – 86 Ca 19757/02 – abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. August 2002 wird aufrechterhalten.

II. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin unbefristet vollzeitig zu beschäftigen.

Die Klägerin trat auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 11. Februar 1977 als vollbeschäftigte Erzieherin in die Dienste des beklagten Landes. Sie wurde zunächst im Bereich des Bezirksamts Sch. eingesetzt. In der Folgezeit verabredeten die Parteien mit Wirkung ab dem 19. Dezember 1983 eine Herabsetzung der Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden (halbtägige Beschäftigung). Die Klägerin wechselte sodann in den Bereich des Bezirksamts N., wo sie auf der Grundlage des Schreibens des beklagten Landes vom 21. Januar 1991 (Bl. 89 d.A.) mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1990 zu 3/4 der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten eingesetzt wurde.

Auf einen jeweiligen Antrag der Klägerin, die zuletzt in der Kita R.straße 7 beschäftigt war, wurde auf der Grundlage des Schreibens des beklagten Landes vom 18. Mai 1999 für die Zeit vom 10. Mai 1999 bis zum 30. Juni 1999 sowie des Schreibens vom 17. August 1999 für die Zeit vom 1. September 1999 bis zum 28. Januar 2002 die Arbeitszeit befristet auf eine Vollbeschäftigung erhöht. Mit Schreiben vom 19. Februar 2002 beantragte die Klägerin die Verlängerung ihrer Arbeitszeit auf 38,5 Wochenstunden „aus der Stelle der Kollegin K.” bis zum 30. Juni 2002 (Bl. 26 d.A.); dies hatte seinen Grund darin, dass diese Kollegin, die ebenfalls als Erzieherin in der Kita eingesetzt war, unter dem 12. November 2001 die Arbeitszeitverkürzung auf 3/4 ihrer vertraglich geregelten Vollzeitbeschäftigung bis zum 30. Juni 2002 beantragt hatte, worin das beklagte Land eingewilligt hatte (Schreiben vom 29. November 2001, Bl. 25 d.A.). Dementsprechend teilte das beklagte Land der Klägerin mit Schreiben vom 1. März 2002 mit, dass sie auf ihren Antrag hin für die Zeit vom 1. März bis zum 30. Juni 2002 mit einer regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten beschäftigt werde (Bl. 16 d.A.).

In der Kita der Klägerin ist es üblich, dass freiwerdende Wochenstunden von befristet teilzeitbeschäftigten Erzieherinnen, die ansonsten vollzeitbeschäftigt werden, an unbefristet teilzeitbeschäftigte Erzieherinnen auf deren Antrag hin durch das beklagte Land befristet vergeben werden. Dabei verblieb die Klägerin auch im Umfang ihrer „Aufstockungsarbeitszeit” (1/4) in der ihrer bislang zugewiesenen Kindergruppe, ohne insoweit in die Kindergruppe der Kollegin K. zu wechseln.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht am 17. Juli 2002 eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrags als vollbeschäftigte Erzieherin gewandt und die Beibehaltung dieser Beschäftigung mit der Begründung geltend gemacht, es bestehe nunmehr ein solcher Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer.

Den Einspruch gegen das gegen sie ergangene klageabweisende Versäumnisurteil vom 9. August 2002 hat die Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass die befristete Aufstockung ihrer Arbeitszeit bis zum 30. Juni 2002 wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG rechtsunwirksam sei. Die Parteien hätten mit der Aufstockung einen Arbeitsvertrag geschlossen, dessen Befristung nach dieser Bestimmung – anders als nach der davor geltenden Rechtslage – der Schriftform bedürfe. Darüber hinaus habe das beklagte Land nicht ausreichend dargetan, dass ein sachlicher Grund für die Befristung der Aufstockung der Arbeitszeit gegeben gewesen sei.

Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes erster Instanz wird auf den des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch ein am 5. November 2002 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit den Anträgen,

  1. unter Aufhebung des Ver...

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