Verwaltungsanweisung:
OFD NRW vom 07.07.2014, S 2241–2014/0015 – St 113, FR 2014, 823 zu 2 und 3 (Bürgschaften von Kommanditisten für Verbindlichkeiten der KG).
Rn. 6c
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Hier sind die folgenden beiden Sachverhalte angesprochen:
Gesellschafterbezogen
Negatives Kapitalkonto bei vorzeitigem Ausscheiden des Gesellschafters bzw bei Anteilsveräußerung oder stichtagsbezogener (auch allmählicher: s Rn 58) Auflösung der PersGes ohne Ausgleichsverpflichtung, dazu auch s Demuth, Negatives Kapitalkonto bei Aufgabe und Veräußerung im EStG, KÖSDI 2013, 18 381: steuerbegünstigter Gewinn gemäß §§ 16, 34 EStG infolge § 52 Abs 24 S 3 EStG (auch OFD NRW vom 07.07.2014, S 2241–2014/0015 – St 113, FR 2014, 823 zu 2.).
Gesellschaftsbezogen
Vorzeitige Auflösung negativer steuerlicher Kapitalkonten trotz fortbestehender PersGes bei negativer KG-Gewinnprognose: s nachfolgend.
Die Zurechnung von Verlusten wird durch § 15a Abs 1–4 EStG nicht berührt; nach der Intention des Gesetzgebers und der Rspr des BFH ist für die steuerliche Anerkennung eines negativen Kapitalkontos zum Bilanzstichtag ausschließlich die wirtschaftliche Haftung des Gesellschafters im Innenverhältnis aus der Vorbelastung zukünftiger Gewinnanteile maßgebend, s Rn 6b. Nur soweit eine Verlusthaftung mit zukünftigen Gewinnen zum Bilanzstichtag noch in Betracht kommt, ist ein negatives Kapitalkonto anzuerkennen, ansonsten fällt es vorzeitig trotz weiter fortbestehender KG fort. Ein vorzeitiger Wegfall des negativen Kapitalkontos entfällt demnach, wenn, der Kommanditist im Innenverhältnis, abweichend von § 167 Abs 3 HGB iVm § 707 BGB, aufgrund einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag (Hinweis auf BGH, BB 1982, 2007) unbegrenzt wie ein Komplementär subsidiär für die Verbindlichkeiten der KG einzustehen hat und demgemäß nachschusspflichtig ist (s Rn 10 und BFH BFH/NV 1986, 534/36). Eine lediglich überschießende Außenhaftung – Haftsumme – des Kommanditisten gemäß § 15a Abs 1 S 2 EStG ermöglicht bei negativer Gewinnprognose dagegen nicht die Fortführung des negativen Kapitalkontos (hierzu sei verwiesen auf die grundlegenden Überlegungen von Thiel, DB 1979, 664 sowie BFH vom 02.07.1992, BFH/NV 1993, 421; BFH vom 10.11.1980, BStBl II 1981, 164 und BFH vom 19.03.1981, BStBl II 1981, 570).
Steht aufgrund einer für den Bilanzstichtag anzustellenden Prognose fest, dass eine Haftung des Gesellschafters im Innenverhältnis mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr stattfinden wird, weil die KG ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine neue Betätigung aufgenommen werden soll (FG Münster vom 20.07.2022, 9 K 3170/19 F, BB 2022, 2801, nrkr, Az BFH IV R 28/22) oder aus offensichtlich zwingenden wirtschaftlichen Gründen bald einstellen muss und nennenswerte stille Reserven nicht vorhanden sind (kritisch wegen der praktischen Schwierigkeiten Lempenau, StuW 1981, 235, 238), so ist das negative Kapitalkonto in der StB zum Bilanzstichtag vorzeitig aufzulösen: BFH VIII, BStBl II 1994, 174; BFH BStBl II 1981, 668 und 572.
Soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten auf Entnahmen zurückzuführen ist, scheidet eine vorzeitige Nachversteuerung aus. In Höhe dieser Entnahmen entsteht jedoch ein Gewinn im Zeitpunkt der Auflösung der KG bzw des Ausscheidens des Kommanditisten, soweit dieser nicht zu Ausgleichszahlungen verpflichtet ist: OFD NRW vom 07.07.2014, S 2241–2014/0015 – St 113, FR 2014, 823 zu 2. Werterhellende Umstände bis zur Aufstellung der Bilanz sind zu berücksichtigen (BFH vom 30.03.2017, IV R 3/15, BFH/NV 2017, 1019; BFH vom 30.03.2017, IV R 4/15, BFH/NV 2017, 1023; BFH vom 30.03.2017, IV R 9/15, BFH/NV 2017, 1258 – auch s nachfolgend Kommentar zu den Urteilen zu (1); BFH vom 26.09.1996, BStBl II 1997, 277; BFH vom 26.01.1995, BStBl II 1995, 473/85; BFH vom 10.12.1985, BFH/NV 1986, 404).
Soweit der BFH BStBl II 1997, 277 bei der notwendigen Prognose jedoch auch noch berücksichtigen möchte, ob der Gesellschafter "zwischenzeitlich", dh bis zur Bilanzaufstellung, ausgeschieden ist, kann dem nicht zugestimmt werden. Er stellt sich damit ausdrücklich in Widerspruch zu seiner sinnvollen Entscheidung vom 26.05.1981 (BFH BStBl II 1981, 795/97), worin er § 15a EStG restriktiv zugunsten der StPfl dahin gehend ausgelegt hat, dass es bei Bilanzaufstellung hinsichtlich der Feststellung künftiger, die vorzeitige Auflösung erfordernden fehlenden Gewinnaussichten nur darauf ankomme, dass "bei der KG als solcher Gewinne nicht mehr entstehen und/oder bei dem Rechtsnachfolger des ausgeschiedenen Kommanditisten Gewinnanteile, die zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zu verwenden sind, nicht mehr anfallen können." Durch die Zusammenfassung von altem und ersatzweise eintretendem neuem Kommanditisten ergibt sich als Resultat eine Erhöhung des berücksichtigungsfähigen Verlustes des alten Kommanditisten mit zum Ausgleich erhöhtem tarifbegünstigtem Veräußerungsgewinn.
Beispiel:
Eine KG wird im Jahr 12 insolvent, der Insolvenz...