Rn. 655
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Auch weil das frühere Unterscheidungskriterium häufig mit Unsicherheiten behaftet war (BFH v 16.12.2009, IV R 22/08, BStBl II 2010, 736), stellt die neuere Rspr nicht mehr auf die – innere – sachliche Beziehung zur Betriebsveräußerung (BFH v 25.01.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458: kein aussagekräftiges Kriterium), sondern auf die Veranlassung der Kosten durch die Veräußerung ab.
Rn. 656
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Zur Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven sind die Buchwerte der WG, also die fortgeführten AK oder HK, abzuziehen. Dieser Zuordnung der Buchwerte – und insb der Differenz zwischen Veräußerungserlös und Buchgewinn – zum Veräußerungsgewinn und nicht zum laufenden Gewinn liegt die Wertung zugrunde, dass der mit der Anschaffung der einzelnen WG ursprünglich verfolgte Zweck, laufende Gewinne zu erwirtschaften, durch die Veräußerung überlagert oder verdrängt wird.
In dieser Wertung des Gesetzgebers liegt auch eine Vorgabe für die Konkretisierung des Begriffs der Veräußerungskosten (BFH v 25.01.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458; BFH v 31.03.2004, X R 66/98, BStBl II 2004, 830). Nach mittlerweile gefestigter Rspr erfolgt die Abgrenzung von den laufenden BA nunmehr danach,
- ob die Veräußerung die Aufwendungen ausgelöst hat bzw
- ob ein sog Veranlassungszusammenhang vorliegt (BFH v 25.01.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458; BFH v 18.10.2000, X R 70/97, BFH/NV 2001, 440; BFH v 16.12.2009, IV R 22/08, BStBl II 2010, 736; BFH v 15.06.2016, I R 64/14, BStBl II 2017, 182; FG Münster v 10.01.2013, 5 K 4513/09, EFG 2013, 1014; FG Sa v 16.11.2017, 1 K 1441/15, EFG 2018, 201) und
- ob die Aufwendungen eine größere Nähe zur Veräußerung als zum laufenden Gewinn haben (BFH v 15.06.2016, I R 64/14, BStBl II 2017, 182).
Ein solcher Veranlassungszusammenhang liegt vor, wenn die Aufwendungen objektiv mit der Betriebsaufgabe zusammenhängen und subjektiv der Betriebsaufgabe zu dienen bestimmt sind (BFH v 06.03.2008, IV R 72/05, BFH/NV 2008, 1311: qualifizierte Kausalität).
Dabei kommt es nicht auf den Zusammenhang mit einer konkreten Veräußerung an, mit der Folge, dass bei deren Fehlschlagen die fruchtlosen Aufwendungen keine Veräußerungskosten wären (so aber FG BdW v 19.12.2008, 1 K 71/07, EFG 2009, 473), vielmehr genügt die Zuordnung zur Gesamtheit aller Veräußerungsvorgänge (BFH v 15.06.2016, I R 64/14, BStBl II 2017, 182); zu fehlgeschlagenen Veräußerungen s Rn 659.
Rn. 657
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Eine für die Ablösung einer betrieblichen Verbindlichkeit zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung ist daher jedenfalls dann den Veräußerungskosten zuzuordnen, wenn die Ablösung des Kredits in dem Veräußerungsvertrag vereinbart und darin auch bestimmt ist, dass die dem Darlehensgeber geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung vom Veräußerer zu tragen ist (BFH v 25.01.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458). Richtig daran ist, dass eine Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung durch den Erwerber naturgemäß AK bei diesem und keine Veräußerungskosten beim Veräußerer darstellt (zur persönlichen Zuordnung der Veräußerungskosten s Rn 661).
Es muss aber bezweifelt werden, ob die vertragliche Verpflichtung für die Qualifizierung als Veräußerungskosten maßgeblich sein kann. So sind auch Beraterkosten im Zusammenhang mit der Veräußerung als Kosten abzugsfähig, unabhängig davon, ob sich der Erwerber zur Einschaltung von Beratern verpflichtet hat. Allein der qualifiziert kausale Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung ist entscheidend, für den in diesem Fall die vertragliche Verpflichtung allerdings ein gewichtiges Indiz darstellt.
Der IV. Senat hat der Rspr-Änderung auf Anfrage des V. Senats in BFH v 25.01.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458 mit der Maßgabe zugestimmt, dass die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nur dann durch die Veräußerung veranlasst ist, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung der Schulden ausreicht. Der X. Senat hat diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen (BFH v 18.10.2000, X R 70/97, BFH/NV 2001, 440).
Mit der Einschränkung möchte der IV. Senat offenbar einen negativen Veräußerungsgewinn vermeiden. Es stellt sich aber die Frage, ob der Veräußerungskostenbegriff hierzu das geeignete Instrument ist. Selbst wenn im Einzelfall die Veräußerungskosten den Veräußerungserlös übersteigen, so bleiben es doch Veräußerungskosten. Das muss auch für eine Vorfälligkeitsentschädigung gelten. Die Höhe der Kosten kann mE nicht die Qualifizierung von Aufwendungen als Veräußerungskosten beeinflussen.
Rn. 658
Stand: EL 138 – ET: 09/2019
Vereinzelt verwendet der BFH noch die Begriffe aus der früheren Rspr ("sachlicher Zusammenhang": BFH v 31.03.2004, X R 66/98, BStBl II 2004, 830; BFH v 20.06.2007, X R 2/06, BStBl II 2008, 99), in der Sache ist aber ausschließlich der Veranlassungszusammenhang im Sinne eines auslösenden (kausalen) Moments maßgeblich. Allerdings reicht nicht jede äußere Nähe zur Annahme von Veräußerungskosten aus, insb kann der Veranlassungszusamme...