Dr. jur. Lukas Karrenbrock
Rn. 282
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
§ 17 Abs 3 EStG gewährt einen Freibetrag von bis zu EUR 9 060 auf den Veräußerungsgewinn. Eine zusätzliche Steuerentlastung wie in § 16 Abs 4 EStG gibt es hingegen nicht. Die Freibetragsregelung in § 17 Abs 3 EStG ist im Vergleich zu § 16 Abs 4 EStG im Regelfall ungünstiger. Der Freibetrag in § 17 Abs 3 EStG ist geringer; andererseits wird er nicht nur bei Veräußerung nach dem 55. Lebensjahr oder bei dauernder Berufsunfähigkeit gewährt.
Die unterschiedlichen Freibeträge sind nicht gerechtfertigt, da die Rechtfertigung für § 17 EStG gerade im Vergleich zu § 16 EStG zu sehen ist (s Rn 19).
Rn. 283
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Nach § 20 WKBG vom 12.08.2008 (BGBl I 2008, 1672) sollte für die Veräußerung von Anteilen an einer Wagniskapitalgesellschaft ein Freibetrag von bis zu EUR 200 000 gewährt werden, sofern innerhalb der letzten fünf Jahre eine Beteiligung von mindestens 3 % und höchstens 25 % bestanden hat und diese Beteiligung längstens zehn Jahre vorhanden war. Mit dieser Regelung sollten sog "Business Angels" gefördert werden, zu den einzelnen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des erhöhten Freibetrages (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 458). Die Regelung des § 20 WKBG ist jedoch zu keinem Zeitpunkt in Kraft getreten und nicht anwendbar, da die Bedingungen der EU-Kommission vom 30.09.2009 (KOM (2009) 7387 endgültig nicht erfüllt wurden (Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 471).
Rn. 284
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der Freibetrag ist auf den stpfl Anteil des Gewinns, also nach Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens, anzuwenden (R 17 Abs 9 EStR 2012; Pung in D/P/M, § 17 EStG Rz 451; Levedag in Schmidt, § 17 EStG Rz 201 (42. Aufl)), was zu einer faktischen Erhöhung des Freibetrages führt.
Rn. 285
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Allerdings handelt es sich nicht um eine tarifliche Vorschrift, sondern um eine grundsätzliche Steuerbefreiung. Beim Gesamtbetrag der Einkünfte ist entsprechend schon der um den Freibetrag geminderte Veräußerungsgewinn anzugeben. Wird bei wiederkehrenden Bezügen die Zuflussversteuerung gewählt (s Rn 168f), wird der Freibetrag nicht gewährt (BFH vom 17.12.1991, VIII R 80/87, BStBl II 1993, 15).
Rn. 286
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Der maximale Betrag von EUR 9 060 ist allerdings nur zu gewähren, insoweit die Beteiligung an der KapGes zu 100 % besteht, und ermäßigt sich entsprechend der Höhe der Beteiligung. Darüber hinaus verringert sich der Freibetrag um jeden Euro, den der Veräußerungsgewinn von EUR 36 100 übersteigt, so dass ab einem stpfl Gewinn von EUR 45 160 der Freibetrag faktisch ins Leere läuft.
Beispiel:
A ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der X-GmbH. Diese hatte er im Jahre 2018 gegründet. Die Anteile an der Gesellschaft hält er im PV. Die AK belaufen sich auf EUR 205 000. Im Jahre 2023 veräußert A seine komplette Beteiligung an B für einen Verkaufspreis von EUR 275 000. Weitere Kosten sind nicht angefallen.
Lösung:
Veräußerungserlös |
275 000 EUR |
|
40 % steuerbefreit iSd § 3 Nr 40 Buchst c EStG |
./. 110 000 EUR |
|
stpfl Teil nach Teileinkünfteverfahren |
165 000 EUR |
165 000 EUR |
AK |
205 000 EUR |
|
60 % zu berücksichtigen gemäß § 3c Abs 2 EStG |
123 000 EUR |
./.123 000 EUR |
Veräußerungsgewinn ohne Freibetrag |
|
42 000 EUR |
Veräußerungsgewinn iSd § 17 EStG |
Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von EUR 36 100 übersteigt, ermäßigt sich der Freibetrag gemäß § 17 Abs 3 S 2 EStG um den übersteigenden Betrag auf EUR 3 160 (= EUR 9 060 ./. (EUR 42 000 ./. EUR 36 100)). Folglich sind EUR 38 840 (= EUR 42 000 ./. EUR 3 160) iSd § 17 EStG zu versteuern. |
Abwandlung Beispiel:
A veräußert nur eine Beteiligung iHv 50 % an der KapGes. Dabei erzielt er einen Verkaufspreis von EUR 150 000. Weitere Kosten sind nicht angefallen.
Lösung Abwandlung:
Veräußerungserlös |
150 000 EUR |
|
40 % steuerbefreit iSd § 3 Nr 40 Buchst c EStG |
./. 60 000 EUR |
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stpfl Teil nach Teileinkünfteverfahren |
90 000 EUR |
90 000 EUR |
AK |
102 500 EUR |
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60 % zu berücksichtigen gemäß § 3c Abs 2 EStG |
61 500 EUR |
./. 61 500 EUR |
Veräußerungsgewinn iSd § 17 EStG |
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28 500 EUR |
Da A 50 % seiner Beteiligung verkauft, sind die EUR 36 100 bei der Ermittlung des Freibetrages auch nur zu 50 % zu berücksichtigen. Da der Veräußerungsgewinn den Betrag von EUR 18 050 um mehr als EUR 4 530 (= 50 % von EUR 9 060) – nämlich um EUR 10 450 (= EUR 28 500 ./. EUR 18 050) – übersteigt, ermäßigt sich der Freibetrag gemäß § 17 Abs 3 S 2 EStG vollständig. Folglich sind die kompletten EUR 28 500 als stpfl Gewinn iSd § 17 EStG zu versteuern.
Rn. 287
Stand: EL 167 – ET: 09/2023
Ebenso wie bei der Ermittlung der Beteiligungsgrenze (s Rn 108) bleiben eigene Anteile der KapGes iRd Ermittlung des Freibetrages außer Ansatz (Levedag in Schmidt, § 17 EStG Rz 203 (42. Aufl)).
Beispiel:
A ist Gesellschafter der X-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50 % (EUR 50 000). Neben den anderen Gesellschaftern hält aber auch die X-GmbH noch eigene Anteile iHv 20 % (EUR 20 000).
Lösung:
Wenn A seine Beteiligung von 50 % veräußern möchte, sind zur Ermittlung des Freibetrages ...