Rn. 63
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Bis zum In-Kraft-Treten des StSenkG v 23.10.2000 (BStBl I 2000, 1428) waren auch Veräußerungsgewinne von im PV gehaltenen wesentlichen Beteiligungen an KapGes im Katalog des § 34 Abs 2 Nr 1 EStG enthalten und somit tarifbegünstigt, s Rn 21.
Das StSenkG hat das sog Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr 40 EStG iVm § 3c Abs 2 EStG) und das UntStRefG 2008 (v 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912) die Reduktion zum Teileinkünfteverfahren eingeführt, allgemein hierzu s § 3 Rn 1340 ff, wonach die Anteilseigner nur noch die Hälfte bzw ab VZ 2009 60 % des Veräußerungsgewinns zu versteuern haben, § 3 Nr 40 Buchst c EStG iVm § 3c Abs 2 EStG.
Um eine Doppelbegünstigung zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Veräußerungsgewinne iSd § 17 EStG im Katalog des § 34 Abs 2 Nr 1 EStG gestrichen, vgl BT-Drucks 14/2683, 116.
Der Wegfall der Begünstigung nach § 34 EStG ist verknüpft mit dem In-Kraft-Treten des Halbeinkünfteverfahrens, § 52 Abs 47 S 2 EStG iVm § 52 Abs 4a EStG idF StSenkG, dh abhängig vom Wj der KapGes, für das das KStG idF des StSenkG erstmals anzuwenden ist:
- Entspricht bei der zu veräußernden KapGes das Wj dem Kj, so ist das KStG (idF des StSenkG) erstmals für den VZ 2001 anzuwenden, dh die Begünstigung des § 34 EStG entfällt ab dem VZ 2002.
- Hat die KapGes ein abweichendes Wj, ist das KStG idF des StSenkG erstmals für den VZ 2002 anzuwenden, wenn das abweichende Wj als erstes in VZ 2001 endet und vor dem 01.01.2001 begonnen hat.
Das bedeutet, die Begünstigung des § 34 EStG ist letztmalig auf Veräußerungen anzuwenden, die im Zeitraum des abweichenden Wj 2001/2002 stattfinden.
Beispiel:
Der StPfl veräußert eine wesentliche Beteiligung an einer GmbH am 25.07.2002 mit Gewinn.
Fall 1: Das Wj der GmbH entspricht dem Kj.
Fall 2: Die GmbH hat ein abweichendes Wj vom 01.08.–31.07.
Fall 3: Die GmbH hat ein abweichendes Wj vom 01.07.–30.06.
Lösung:
Im Fall 1 ist der Veräußerungsgewinn nicht nach § 34 EStG begünstigt.
Im Fall 2 ist das KStG idF des StSenkG erstmals im VZ 2002 anzuwenden, also für den Zeitraum 01.08.2001–31.07.2002. Für den Veräußerungsgewinn gilt noch § 34 EStG, weil die Veräußerung vor Ablauf des Wj 2002 stattgefunden hat.
Im Fall 3 ist das KStG idF des StSenkG erstmals im VZ 2002 (01.07.2001–30.06.2002) anzuwenden. Für den Veräußerungsgewinn gilt bereits das Halbeinkünfteverfahren (und nicht mehr § 34 EStG), weil die Veräußerung nach Ablauf des Wj 2002 stattgefunden hat.
Ausführlich zur zeitlichen Anwendung des § 34 Abs 2 Nr 1 EStG idF StSenkG mit weiteren Bsp, vgl Hagen/Schynol, DB 2001, 397; NWB F 3, 11 579.
Rn. 64
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit inländischen Beteiligungen iSd § 17 EStG sind im VZ 2001 im Vergleich zu Veräußerungsgewinnen iSd § 16 EStG steuerlich benachteiligt.
Während Veräußerungsgewinne iSd § 16 EStG bereits ab VZ 2001 mit Einführung des (modifizierten) halben durchschnittlichen Steuersatzes begünstigt sind (s Rn 22), tritt die Wirkung des Halbeinkünfteverfahrens – wie oben gezeigt – erst ab VZ 2002 in Kraft, dh, für Veräußerungen im VZ 2001 gilt lediglich die Fünftelregelung des § 34 Abs 1 EStG.
Gegen diese unterschiedliche Behandlung bestehen aus Sicht des BFH keine verfassungs- und europarechtlichen Bedenken, vgl BFH v 01.09.2004, BFH/NV 2004, 1650; BFH BStBl II 2011, 409; FG D'dorf v 26.01.2022, EFG 2022, 755 (nrkr). Es liegt nämlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, Anteilseigner iSd § 17 EStG von der Vergünstigung des § 34 Abs 3 EStG auszuschließen, weil diese typischerweise ihre Altersversorgung nicht, wie bei (Mit-)Unternehmern üblich, vorwiegend über den Wert des Unternehmens bestreiten.