Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 162
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Betriebsvorrichtungen sind gem § 68 Abs 2 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören. Die Annahme eines bilanziell selbstständigen WG Betriebsvorrichtung setzt voraus, dass die Vorrichtung/Anlage nicht der Funktion Gebäude, sondern der Betriebsführung dient, dh diese in so enger Beziehung zu der auf dem Grundstück ausgeübten betrieblichen Tätigkeit steht, dass diese unmittelbar der betrieblichen Tätigkeit dienen, nicht dem Gebäude als solchem (vgl zum Gewerbe zB BFH v 14.08.1958, III 382/57 U, BStBl III 1958, 400; BFH v 11.12.1987, III R 191/85, BStBl II 1988, 300; BFH v 11.12.1992, II R 14/89, BStBl II 1992, 278; gleichlautende Ländererlasse v 05.06.2013, BStBl I 2013, 734 Tz 1.3).
Nicht hinreichend ist, dass eine Vorrichtung/Anlage zu einem gewerblichen Betrieb gehört oder dass sie für die Ausübung des im Gebäude ausgeübten Gewerbebetriebs nützlich, notwendig oder vorgeschrieben ist (BFH v 11.12.1992, II R 14/89, BStBl II 1992, 278; BFH v 13.12.2001, III R 21/98, BStBl II 2002, 873; gleichlautende Ländererlasse v 05.06.2013, BStBl I 2013, 734 Tz 1.3). Die Funktion der Vorrichtung/Anlage ist daraufhin zu prüfen, ob sie entsprechend der besonderen Erfordernisse des Betriebs unmittelbar zu dessen Ausübung eingesetzt wird (Bsp Lastenaufzug), wobei es genügt, dass sie unmittelbar der Gewährleistung eines ungestörten und sicheren Betriebsablaufs dient (BFH v 09.08.2001, III R 43/98, BStBl II 2002, 100) oder ob sie der allg Nutzung des Gebäudes unabhängig von der darin erfolgenden betrieblichen Tätigkeit dient und damit unselbstständiger Bestandteil des Gebäudes ist (Bsp Personenaufzug). Nur bei unmittelbarer Nutzung iRd betrieblichen Tätigkeit kommt eine Qualifikation als Betriebsvorrichtung in Betracht. Mangels einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs mit dem Gebäude sind Betriebsvorrichtungen selbstständige WG (R 7.1 Abs 3 EStR 2012), die separat Gegenstand personeller Zurechnung/sachlicher Zuordnung sowie der Zugangs- und Folgebewertung sind. Betriebsvorrichtungen gehören auch dann zu den beweglichen abnutzbaren WG, wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind (R 7.1 Abs 3 S 2 EStR 2012). Die Einordnung als bewegliches WG hat Relevanz im Hinblick auf Vorschriften, die bewegliche WG voraussetzen, wie insb die leistungsabhängige (§ 7 Abs 1 S 6 EStG) sowie degressive (§ 7 Abs 2 EStG) Abschreibung, die Anwendbarkeit des § 7g EStG sowie des Eignung als Reinvestitionsobjekt iRd Übertragung realisierter stiller Reserven aus Anteilen an KapGes nach § 6b Abs 10 EStG.
Zu beachten ist, dass Vorrichtungen/Bauwerke, die sämtliche Begriffsmerkmale eines Gebäudes aufweisen (s Rn 161), ausnahmslos als Gebäude, dh als unbewegliche WG einzuordnen sind; die Qualifikation als Betriebsvorrichtung ist nachrangig und scheidet in diesem Fall aus (BFH v 13.06.1969, III R 132/67, BStBl II 1969, 612; BFH v 28.05.2003, II R 41/01, BStBl II 2003, 693; gleichlautende Ländererlasse v 05.06.2013, BStBl I 2013, 734 Tz 1.2). Dies gilt auch bei doppelfunktionalen Vorrichtungen (erforderlich sowohl iRd allg Nutzung des Gebäudes als auch für die betriebliche Tätigkeit, BFH v 28.05.2003, II R 41/01, BStBl II 2003, 693).
Zu Betriebsvorrichtungen gehören ua (zu weiteren Bsp aus der Rspr umfassend gleichlautende Ländererlasse v 05.06.2013, BStBl I 2013, 734 Anlage 1; ferner s § 6 Rn 528 (Dräger/Dorn/Hoffmann)):
- Abladevorrichtungen,
- Abwasseranlage einer Brauerei (FG Nds v 31.05.1994, I 82/89, EFG 1995, 3),
- Aufzüge in Produktionsbetrieben, wenn deren Hauptzweck in der Beförderung von Materialien/Produkten in verschiedene Produktionsebenen besteht (BFH v 28.02.2013, III R 35/12, BStBl II 2013, 606), auch Autoaufzüge in Parkhäusern,
- Bäder in Badeanstalten BFH v 16.10.1980, V R 51/76, BStBl II 1981, 228) und für Heilzwecke in Kur- und Krankenhäusern, nicht aber Schwimmbäder in Hotels, da die Unterhaltung lediglich nützlich, aber ein Hotel hierdurch nicht unmittelbar betrieben wird (BFH v 11.12.1991, II R 14/89, BStBl II 1992, 278),
- Blockheizkraftwerke, wenn sie in einem Betrieb der Strom- und Wärmeversorgung unmittelbar der Erzeugung von Strom und Wärme dienen und der allg Funktionszusammenhang mit dem Gebäude in den Hintergrund tritt (FG Münster v 18.02.2015, 11 K 2856/13 F, EFG 2015, 891; OFD Nds v 11.05.2016, S 2240–186 – St 222/St 221); dagegen unselbstständiger Gebäudebestandteil, wenn das Blockheizkraftwerk neben der Stromerzeugung der Beheizung und Warmwasserversorgung des Gebäudes selbst dient, dh vorrangig dazu, das Gebäude nutzbar zu machen (FG RP v 23.09.2014, 3 K 2163/12 EFG 2015, 19, rkr; BayLfSt v 11.01.2016, S 2240.1.1–6/7 St 32, DB 2016, 384; vgl auch R 4.2 Abs 5 EStR 2012 zu räumlich vom Gebäude getrennt errichteten Baulichkeiten),
- Bodenbefestigungen nur, wenn das Gewerbe durch die Vorrichtung unmittelbar ausgeübt wird und diese nach derart besonderen (Belastungs-)Anforderungen des Betriebs ausgelegt sind, dass sie für andere Betriebe nicht...