Rn. 191
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Aufwendungen für den Unterhalt einer Wohnung sind – vom Sonderfall der doppelten Haushaltsführung einmal abgesehen – Lebensführungskosten, die nach § 12 Nr 1 EStG steuerlich nicht abzugsfähig sind. Dementsprechend betreffen auch die Kosten für den Umzug in eine neue Wohnung die Lebensführung des StPfl und sind deshalb steuerlich irrelevant.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Grund für den Umzug in der beruflichen Sphäre des StPfl liegt. Ist der Umzug nahezu ausschließlich durch die Berufstätigkeit des StPfl veranlasst und spielen private Gründe für den Umzug allenfalls eine ganz untergeordnete Rolle, stellen die Aufwendungen für den Umzug WK iSd § 9 Abs 1 S 1 EStG dar (st Rspr zB BFH v 22.11.1991, VI R 77/89, BStBl II 1992, 494; BFH v 16.10.1992, VI R 132/88, BStBl II 1993, 610; BFH v 23.03.2001, VI R 175/99, BStBl II 2001, 585). Die privaten Motive, die die Auswahl der Wohnung am Arbeitsort beeinflussen, stehen der Abzugsfähigkeit der Umzugskosten nicht entgegen (BFH v 22.11.1991, VI R 77/89, BStBl II 1992, 494). Deshalb können auch die Kosten für den Umzug aus einer Mietwohnung in ein Eigenheim als WK abgezogen werden, wenn berufliche Gründe für den Umzug maßgebend waren (BFH v 06.11.1986, VI R 106/85, BStBl II 1987, 81; BFH v 06.11.1986, VI R 34/84, BFH/NV 1987, 236).
Rn. 192
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Eine berufliche Veranlassung des Umzugs liegt vor, wenn der StPfl seinen Wohnsitz im zeitlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel oder der erstmaligen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit verlegt und sich dadurch die Zeitspanne für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte merklich verringert (BFH v 22.11.1991, VI R 77/89, BStBl II 1992, 494; Krüger in Schmidt, § 19 EStG Rz 110 "Umzugskosten"). Der zeitliche Zusammenhang zwischen einer Aufnahme der Berufstätigkeit an einem anderen Ort und dem die Entfernung zur Arbeitsstätte verkürzenden Umzug indiziert einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Wohnungswechsel und Arbeitsplatzwechsel. Anders als beim Umzug ohne Arbeitsplatzwechsel (s Rn 195) ist in diesen Fällen eine berufliche Veranlassung auch dann anzunehmen, wenn sich zwar die Entfernung zur Arbeitsstätte verkürzt, die eingetretene Fahrzeitverkürzung aber nicht eine Stunde pro Arbeitstag erreicht.
Rn. 193
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Beruflich veranlasst ist der Umzug auch dann, wenn der ArbN erstmals einen eigenen Hausstand begründet (FG D'dorf v 06.09.1977, XV/X 232/74 E, EFG 1978, 69; v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz B 591). Unerheblich ist es, ob der Arbeitsplatzwechsel durch den ArbG veranlasst ist – etwa wenn der StPfl an eine andere Niederlassung des ArbG versetzt wird oder nach Verlust des Arbeitsplatzes sich andernorts eine neue Stellung sucht – oder ob das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des ArbN aufgelöst wird. In einem solchen Fall ist jedoch zu fragen, ob der Umzug tatsächlich auf beruflichen Gründen – zB einer besser bezahlten oder anspruchsvolleren Tätigkeit – oder nicht vielmehr auf privaten Motiven beruht, etwa der Absicht, an den Wohnort des künftigen Lebenspartners zu ziehen. Steht im Einzelfall fest, dass auslösendes Moment für den Umzug ein privater Grund ist, ist ein WK-Abzug nicht möglich (FG Nds v 25.09.2001, 1 K 271/00, DStRE 2002, 411 für den Fall der Versetzung einer Beamtin auf Antrag und aus ausschließlich privaten Gründen; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 313).
Eine berufliche Veranlassung besteht nach FG Nds v 25.01.1994, VII 42/93, EFG 1994, 786 für den Rückumzug, wenn der ArbN von seinem ArbG zunächst gegen seinen Willen versetzt wird, unter Beibehaltung seines Lebensmittelpunkts am bisherigen Wohnort eine Wohnung am Beschäftigungsort nimmt und schließlich die Rückversetzung erreicht. Dies ist zutreffend, weil der Rückumzug der Folgenbeseitigung der zuvor eingetretenen berufsbedingten Wohnungssituation dient. Sofern in dem Fall eine doppelte Haushaltsführung bestanden haben sollte, wäre im Übrigen der Rückumzug schon nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG zu berücksichtigen (s Rn 206).
Rn. 194
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Unabhängig von der Frage der Fahrzeitverkürzung ist der Umzug immer dann beruflich veranlasst, wenn der ArbN auf dienstliche Weisung des ArbG eine Dienstwohnung (zB Schwesternwohnheim, Kaserne, Pförtnerwohnung) bezieht oder diese wegen Beendigung des Dienstverhältnisses räumen muss (BFH v 15.10.1976, VI R 162/74, BStBl II 1977, 117). Ob der StPfl nach Auszug aus der Dienstwohnung am neuen Wohnort eine Arbeit findet, spielt für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen keine Rolle (FG Sa v 25.02.1987, 1 K 236/85, EFG 1987, 347 für einen Zeitsoldaten, der die Offiziersunterkunft verlassen muss). Der Bezug einer Dienstwohnung ohne Weisung des ArbG reicht für sich allein jedoch nicht aus, um eine berufliche Veranlassung zu begründen, weil in diesem Falle die Wahl der Dienstwohnung als Wohnsitz eine auf persönlichen Vorlieben und Interessen beruhende Entscheidung ist (ebenso FG Sa v 22.02.1989, 2 K 224/87, EFG 1989, 281 ...