Aufhebungsvertrag: Verstoß gegen das Verbot des fairen Verhandelns?
Liegt eine unfaire Verhandlungssituation vor, kann ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein. Ein Arbeitgeber verstößt jedoch nicht gegen das Gebot fairen Verhandelns, wenn er eine sofortige Unterzeichnung des Vertrags erwartet.
Hintergrund
Eine Arbeitnehmerin, die als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigt war, wehrte sich gegen einen Aufhebungsvertrag. Diesen hatte sie nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer und einem anwesenden Anwalt für Arbeitsrecht unterzeichnet. Dazu wurde sie in das Büro des Geschäftsführers gebeten, wo ihr der vorbereitete Vertrag vorgelegt wurde. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie unberechtigt die Einkaufspreise in der EDV des Arbeitgebers reduziert habe, um einen größeren Gewinn vorzutäuschen. Nach ungefähr 10 Minuten, in denen sie schweigend am Tisch saß, unterschrieb sie den Aufhebungsvertrag, der das einvernehmliche Ende des Arbeitsverhältnisses zum Ende November 2019 zum Inhalt hatte.
Die Arbeitnehmerin hat den Aufhebungsvertrag angefochten. Sie machte geltend, dass ihr mit der außerordentlichen Kündigung und einer Strafanzeige gedroht worden sei, für den Fall, dass sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. Sie habe um längere Bedenkzeit gebeten, was ihr ebenso verwehrt wurde wie sich Rechtsrat zu holen. Damit habe der Arbeitgeber aus ihrer Sicht gegen das Gebot des fairen Handelns verstoßen.
Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung der Vorinstanz zugunsten des Arbeitgebers bestätigt. Der Aufhebungsvertrag war nicht aufgrund einer widerrechtlichen Drohung zustande gekommen. Auch wenn das Gespräch so wie die Arbeitnehmerin es geschildert hatte, stattgefunden hat, sei darin keine unberechtigte Drohung zu erkennen. Vielmehr sei der Arbeitgeber in so einem Fall berechtigt, die Kündigung auszusprechen sowie Strafanzeige zu stellen.
Die Maßstäbe zum Gebot des fairen Verhandelns wurden von der Vorinstanz richtig angewandt und ausgelegt. Dieses Gebot als "arbeitsvertragliche Nebenpflicht ist dann verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die dem Vertragspartner eine freie und überlegte Entscheidung über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert".
Hier war die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmerin nicht dadurch verletzt, dass der Arbeitgeber ihr den Aufhebungsvertrag zur sofortigen Annahme vorgelegt habe, sodass sie sich direkt habe entscheiden müssen. Das Gericht sei damit zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass der Arbeitgeber nicht gegen das Gebot des fairen Verhandelns verstoßen habe.
Missverständlicher Datenschutzhinweis kann Kündigung kippen
Das betriebliche Eingliederungsmanagement stellt keine formale Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung dar. Lädt der Arbeitgeber jedoch zu einer solchen Maßnahme ein, sollte er die Angaben zum Datenschutz sorgfältig formulieren.
Hintergrund
Ein Produktionsfacharbeiter in einem Großbetrieb fiel seit 2016 durch kurze, aber häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten auf. Bis einschließlich 2019 kamen 6 bis 10 Wochen in jedem Jahr zusammen, in denen der Arbeitgeber Entgelt zahlen musste, ohne dass der Mitarbeiter seine Arbeit verrichtete.
Der Arbeitgeber lud den Arbeitnehmer zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ein, worauf dieser nicht reagierte. Daraufhin folgte die ordentliche personenbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer wehrt sich mit seiner Klage gegen die Kündigung.
Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht.
Der Arbeitgeber, der das betriebliche Eingliederungsmanagement von vornherein sein lässt, trägt im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast, dass es objektiv nutzlos ist. Wenn auch nur ein kleiner Hoffnungsschimmer besteht, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement ein positives Ergebnis hätte bringen können, liegt eine "vorschnelle" Kündigung vor, die nicht zulässig ist.
Zwar war im vorliegenden Fall der Arbeitgeber willens, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Jedoch wurde ihm sein Einladungsschreiben zum Verhängnis. Er hatte es in Bezug auf die Behandlung der Daten des Arbeitnehmers missverständlich gefasst.
Der Arbeitgeber darf auch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements Diagnosen oder ähnlich sensible (Gesundheits-)Daten vom Arbeitnehmer nur erfahren, wenn dieser das ausdrücklich möchte. Es reicht, wenn er die Art der Einschränkung kennt, um den Arbeitsplatz leidensgerecht zu gestalten.
Das vorliegende Einladungsschreiben konnte ab...