Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung nichtunternehmerischer/unternehmerischer Bereich eines Vereins
Leitsatz (redaktionell)
- Es fehlt an einer den Vorsteuerabzug begründenden Eingangsleistung, wenn eine Vereinigung Gemeinschaftszwecke verfolgt, die dem Einzelnen nicht oder nur reflexartig zugute kommen, sondern der Allgemeinheit oder einem unbestimmten Kreis von Nutznießern.
- Bei einem wirtschaftlichen Verein besteht eine tatsächliche Vermutung für die Zugehörigkeit einer Leistung zum unternehmerischen Bereich.
- Die Durchführung von Waldkalkungen gehört zum unternehmerischen Bereich eines Forstverbands.
- Ob von der Landwirtschaftskammer gezahlte Zuschüsse für die Waldkalkungen steuerbar sind, hat auf die Vorsteuerabzugsberechtigung keine Auswirkungen. Es gibt keine Korrespondenz zwischen der Steuerbarkeit eines öffentlichen Zuschusses und der Zuordnung der geforderten Leistung zum nichtunternehmerischen Bereich.
Normenkette
UStG §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Durchführung von Waldkalkungen zum unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich der Klägerin gehört.
Die Klägerin ist ein wirtschaftlicher Verein. Unternehmenszweck ist nach § 2 der Satzung, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern und somit auch die Wirkungen des Waldes für Landeskultur und Volkserholung zu erhöhen. Insbesondere hat die Klägerin nach der Satzung folgende Einzelaufgaben:
1. Beratung der Mitglieder in allen forstwirtschaftlichen Angelegenheiten
2. Vermittlung von Forschungs- und Erfahrungsergebnissen aus Wissenschaft und Praxis für die Forstwirtschaft und für den Holzanbau außerhalb des Waldes
3. Dienstleistungen für die Mitglieder bei der Waldbewirtschaftung
4. Durchführung von Maßnahmen des Forstschutzes
5. Beschaffung und Einsatz von Maschinen, Geräten und Arbeitskräften für die Anlage und Pflege von Forstkulturen, für den Forstschutz, den Holzeinschlag, die Holzaufarbeitung und die Holzbringung, Wegebau und Maßnahmen für die Landeskultur
6. Absatz von Holz, Holzerzeugnissen und Nebennutzungen des Waldes. Hierbei darf die Forstbetriebsgemeinschaft nur als Vermittler, nicht aber als Eigenhändler oder Kommissionär auftreten.
Unstreitig verfügt die Klägerin mit der Holzveräußerung über einen unternehmerischen Bereich.
Die Klägerin hat im Streitjahr 2001 auf Flächen ihrer Mitglieder Waldkalkungen durchgeführt. Dabei hat sie zuvor die Flächeninhaber angeschrieben und nachgefragt, ob diese eine Kalkung der Flächen wünschten. Die Kalkung wird allen Mitgliedern angeboten und in der Regel auch angenommen; allerdings verzögert sich die Durchführung, wenn die Waldflächen zuvor noch durchforstet werden müssen. Individuelle Entgelte für die Waldkalkungen werden gegenüber den Mitgliedern nicht erhoben. Für die Durchführung der Kalkung hat die Klägerin öffentliche Zuschüsse nach den Richtlinien zur Förderung waldbaulicher Maßnahmen für Maßnahmen aufgrund neuartiger Waldschäden, insbesondere sauren Regen, bei der Landwirtschaftskammer H beantragt und erhalten.
Die Klägerin hat die Zuschüsse für die Waldkalkungen sowie die Mitgliedsbeiträge in ihrer Umsatzsteuererklärung als nicht steuerbar behandelt. Aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit den Kalkungen hat sie Vorsteuern in Höhe von 28.395,97 DM abgezogen. Die Vorsteuern sind in der Umsatzsteuererklärung nicht weiter aufgeschlüsselt worden; ertragsteuerliche Gewinnermittlungen, aus denen sich für den Beklagten Hinweise auf die Vornahme der Waldkalkungen ergeben könnten, hat die Klägerin nicht eingereicht.
Im unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 14. März folgte der Beklagte der Klägerin hinsichtlich der Steuerbemessungsgrundlagen und korrigierte lediglich einen Rechenfehler. Mit Bescheid vom 28. August 2003 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Im September 2003 reichte die Klägerin eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2001 ein und wies darauf hin, dass sie in der ursprünglichen Erklärung versehentlich falsche Zahlenwerte eingetragen habe. Der Beklagte erließ unter dem 10. Oktober 2003 einen geänderten Bescheid, mit dem er der berichtigten Steuererklärung folgte.
In der Zeit vom 8. Mai bis zum 25. Juli 2006 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Die Prüferin stellte sich auf den Standpunkt, dass die Vorsteuern aus den Eingangsrechnungen, die im Zusammenhang mit den Waldkalkungen stehen, nicht abzugsfähig seien, weil die Waldkalkungen den nichtunternehmerischen Bereich der Klägerin beträfen. Die Waldkalkungen dienten dem Zweck, die Leistungsfähigkeit des Waldes für den Naturhaushalt und die Allgemeinheit im Sinne der Daseinsfürsorge zu sichern und gehörten damit zum ideellen Bereich der Klägerin.
Am 10. August 2006 erließ der Beklagte einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem er die Feststellungen...