Entscheidungsstichwort (Thema)
Drohende Insolvenz. Tilgungsraten. Zinsraten. Insolvenzanfechtung. Vorsatzanfechtung gegenüber kontoführender Bank bei Einziehung fälliger Zins- und Tilgungsraten. Gläubigerbenachteiligungsabsicht bei Lastschrifteinzug von einem gedeckten Konto
Leitsatz (amtlich)
Zahlungsaufträgen (Überweisungen oder – wie hier – Lastschriften), mit denen fällige Zins- und Tilgungsleistungen von einem gedeckten Konto an die kontoführende Bank erbracht werden sollen, ist ein Wille zur Gläubigerbenachteiligung nicht schon deshalb zu entnehmen, weil für einen bestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, Zahlungsunfähigkeit der Kontoinhaberin und Auftraggeberin droht.
Normenkette
InsO § 133 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 04.04.2012 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A … (nachfolgend: Schuldnerin) in Anspruch.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage aus §§ 133 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO stattgegeben. Es hat angenommen, die Schuldnerin habe, indem sie es unterlassen habe, der Lastschrift der Beklagten vom 16.06.2006 zu widersprechen, willentlich eine Ursache dafür gesetzt, dass die Beklagte den vom Girokonto der Schuldnerin eingezogenen Betrag habe behalten können. Die Schuldnerin habe damit eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO vorgenommen. Es sei zu vermuten, dass die Schuldnerin dabei mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Der Benachteiligungsvorsatz sei gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge – sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils – erkannt und gebilligt habe. Diese Vermutung sei weder deshalb widerlegt, weil fällige Darlehenszinsen getilgt worden seien, noch deshalb, weil der Schuldnerin keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gedroht hätten, weil sie wegen der noch fließenden Fördermittel alle Forderungen habe bedienen können und sie noch nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes sei schon deshalb zu vermuten, weil die Schuldnerin die drohende Zahlungsunfähigkeit gekannt habe. Denn im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen – Juni 2006 – habe bereits festgestanden, dass nach Einstellung der Grundförderung – nach den tatbestandlichen Feststellungen sollte dies am 28.02.2007 der Fall sein – Zahlungsunfähigkeit eintreten würde. Bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei kongruenter Deckung nicht erforderlich, um die Vermutung auszulösen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihren erstinstanzlich gestellten Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagte rügt, das Landgericht habe zu Unrecht die Tatsache für unerheblich erachtet, dass die Schuldnerin alle Forderungen aller Gläubiger bis zur Stellung des Insolvenzantrags am 29.09.2006 bedient habe. Bei einer kongruenten Deckung, wie sie hier im Hinblick auf die Einziehung der üblichen, fälligen Darlehensraten vorgelegen habe, seien erhöhte Anforderungen an die Feststellung des Vorsatzes zu stellen. Eine Anfechtung komme nur in Betracht, wenn es dem Schuldner bei der Rechtshandlung weniger auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten, als auf die Entziehung von Zugriffsobjekten zu Lasten der Gläubiger angenommen sei. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit führe bei kongruenten Zahlungen jedenfalls vor Stellung eines Insolvenzantrags nicht dazu, dass ein Benachteiligungsvorsatz zu vermuten sei.
Die Beklagte beantragt,
das am 04.04.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Der Kläger meint, die Berufungsbegründung der Beklagten setze sich nicht hinreichend damit auseinander, dass das L...