rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigungsansprüche des Vermieters wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache in der Insolvenz des Mieters
Leitsatz (amtlich)
Der Entschädigungsanspruch des Vermieters wegen verspäteter Rückgabe führt in der Insolvenz des Mieters nicht zu einem Aussonderungsrecht. Ist das Mietverhältnis bereits vor Insolvenzeröffnung beendet worden, handelt es sich auch nicht um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist nur dann gegeben, wenn der Insolvenzverwalter aus der Weiternutzung Vorteile für die Masse gezogen hat.
Normenkette
BGB § 546a; InsO §§ 55, 86-87
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 9.01.2013 aufgehoben.
Der Beklagten darf die beantragte Prozesskostenhilfe aus dem in dem angefochtenen Beschluss genannten sachlichen Gründen nicht verweigert werden.
Gerichtliche Kosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
Das in der Frist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegte Rechtsmittel führt zur Aufhebung der ablehnenden Entscheidung des Landgerichts.
1. Das Landgericht hat die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, dass die Beklagte einem Aussonderungsanspruch auf Zahlung der geltend gemachten Nutzungsentschädigung aufgesetzt sei. Das trifft nicht zu. Ein Aussonderungsrecht der Klägerin kann allenfalls in Bezug auf die Rückgabe der Mietsache (§ 546 BGB) bestehen (BGHZ 127, 156, BGH MDR 2008, 1240 [BGH 19.06.2008 – IX ZR 84/07]). Eine entsprechende Forderung wird jedoch nicht eingeklagt.
2. Streitgegenstand ist vielmehr eine Entschädigungsanspruch gemäß § 546 a Abs. 1 BGB. Ein solcher Anspruch kann außerhalb des Insolvenzverfahrens überhaupt nur dann verfolgt werden, wenn er – über die Qualität einer bloßen Insolvenzforderung hinaus – die Eigenschaft einer Masseforderung hat (vgl. Breuer in Münchener Kommentar, InsO, 2. Aufl., § 87 Rn. 10). Das setzt voraus, dass der hiesige Sachverhalt § 55 Abs. 1 InsO unterfällt. Diesbezüglich fehlt es an hinreichendem Tatsachenvortrag.
a) Die Anwendung von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO scheidet von vornherein aus, weil das Vertragsverhältnis, auf dessen Folgewirkungen die Klage abhebt, bereits vor Insolvenzeröffnung beendet war (BGH MDR 1994, 239). Auch für § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist nach Lage der Dinge kein Raum. Die Klägerin leitet die Haftung der Beklagten weder aus rechtsgeschäftlichem Handeln noch aus einem unerlaubten Tun noch aus einem sonstigen rechtsverletzenden Akt her. Sie wirft ihr lediglich vor, nichts zur Erfüllung eines bestehenden Räumungsanspruchs unternommen zu haben.
b) Zu erwägen ist daher allein § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Das verlangt, dass die Beklagte aus der Nutzung der streitigen Räume Vorteile für die Masse gezogen hat (BGH MDR 1994, 272 [BGH 24.11.1993 – VII ZR 240/92]). Inwieweit es hier zu einer Bereicherung gekommen ist, lässt sich auf der Grundlage des bisherigen Parteivorbringens nicht ersehen.
3. Mithin kann der Rechtsverteidigung der Beklagten – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt – die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Daher hat der angefochtene Beschluss keinen Bestand.
Da das Rechtsmittel durchdringt, fallen Gerichtskosten nicht an. Für die außergerichtlichen Kosten gilt § 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 6397618 |
ZfIR 2013, 785 |
NZI 2013, 7 |
ZInsO 2013, 1746 |