Abzug verjährter Forderungen von der Mietkaution

Gibt ein Mieter die Mietsache beschädigt zurück, verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters in nur sechs Monaten ab dem Rückerhalt des Objekts. Hat der Mieter eine Mietkaution geleistet, kann der Vermieter auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist seine auf Geld gerichteten Schadensersatzansprüche mit der Kaution verrechnen.

Darüber wurde gestritten: Vermieter zieht Schäden von Kaution ab

Nach der Rückgabe seiner Mietwohnung am 8.11.2019 verlangte der Mieter die Rückzahlung seiner anfangs geleisteten Mietkaution. Gegenüber dem Rückzahlungsanspruch des Mieters erklärte der Vermieter mit Schreiben vom 20.5.2020 – also knapp sechseinhalb Monate später – die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Schäden an der Mietsache in der die Kaution übersteigender Höhe. Der Mieter berief sich auf Verjährung und klagte auf Rückzahlung der Mietsicherheit. Amts- und Landgericht sprachen dem Mieter die Mietsicherheit zu – anders sah es aber nun der BGH und schaffte Klarheit in einer bisher umstrittenen Frage.

Der Rechtsrahmen: Sondervorschrift im Mietrecht zur Verjährung

Die mietrechtliche Sondervorschrift des § 548 BGB normiert eine im Vergleich zur Regelverjährung von drei Jahren erheblich verkürzte Verjährungsfrist von nur sechs Monaten für Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache. Der Gesetzgeber hält damit die Parteien eines Gebrauchsüberlassungsverhältnisses an, Ansprüche, die auf einen bestimmten Rückgabezustand der Mietsache abheben, beschleunigt zu klären. Das ist nicht nur deshalb sinnvoll, weil es mit voranschreitendem Zeitablauf immer schwerer fällt, den oftmals streitigen Zustand der Mietsache zum Rückgabezeitpunkt zu rekonstruieren. Es ist auch ein wichtiges Instrument, zeitnah Rechtsfrieden und damit Sicherheit für den Rechtsverkehr herzustellen.

Verjährung von Ansprüchen steht Aufrechnung grundsätzlich nicht entgegen 

Hat der Mieter eine Mietsicherheit geleistet, wird dieses rechtspolitische Ziel insoweit konterkariert, als dass der Vermieter auch noch nach Ablauf dieser kurzen Verjährungsfrist auf die Kaution zurückgreifen und sich so schadlos halten kann. Rechtlich gestaltet sich das als Aufrechnung des Vermieters mit seinen Schadensersatzansprüchen gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters hinsichtlich der Kaution. Zugutekommt dem Vermieter hier die Regelung des § 215 BGB. Danach steht die Verjährung des eigenen (Zahlungs-)Anspruchs einer Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch des Mieters dann nicht entgegen, wenn sich beide Ansprüche bereits zu unverjährter Zeit gegenüberstanden. Voraussetzung dafür, dass die Aufrechnung in solchen Fällen funktioniert, ist demnach, dass sich einst zwei auf Geld gerichtete – also gleichartige – Ansprüche gegenüberstanden; nur solche lassen sich saldieren.

Aufrechnung erst nach Ausübung des Wahlrechts möglich?

Rechtlich umstritten ist dabei die Frage, ob eben diese Voraussetzung gegeben ist, wenn der Vermieter sich – wie hier – zur Frage, ob und welche Ansprüche er aufgrund von Schäden an der Mietsache verfolgen wird, vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht äußert.

Weitgehend unstreitig ist zwar, dass der Vermieter dem Mieter keine Frist gemäß § 281 BGB setzen muss, da mit der Beschädigung der Mietsache das Integritätsinteresse im Sinne von §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB berührt ist (BGH, Urteil v. 28.2.2018, VIII ZR 157/17; Urteil v. 27.6.2018, XII ZR 79/17).

Abgelehnt wird das Vorliegen der Aufrechnungsvoraussetzungen aber teilweise mit dem Argument des allgemeinen Schadensrechts, wonach der Grundsatz der Naturalrestitution gilt: Ein Schädiger (Mieter) ist dem Geschädigten (Vermieter) gegenüber grundsätzlich verpflichtet, denjenigen Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB). Ihm obliegt also erst einmal eine Handlungspflicht, gerichtet auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands.

Allerdings kann der Gläubiger (Vermieter) im Falle von Sachbeschädigungen statt der Wiederherstellung in natura auch den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Erst die Ausübung dieses schadensrechtlichen Wahlrechts durch den Vermieter – dessen sogenannte Ersetzungsbefugnis – lasse einen auf Geld gerichteten Anspruch überhaupt entstehen. Das entspricht gefestigter Rechtsprechung, wonach schadensrechtlich keine Wahlschuld im Sinne von § 262 BGB besteht, der Mieter also nicht frei wählen kann, ob er den Schaden beseitigt oder in Geld ausgleicht.

Wird die Ersetzungsbefugnis erst nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist ausgeübt, standen sich zu unverjährter Zeit eben keine zwei auf Geld gerichteten Ansprüche gegenüber. Eine Aufrechnung wäre demnach nicht (mehr) möglich. Nach dieser Auffassung muss der Vermieter stets binnen sechs Monaten nach Rückerhalt des Mietobjekts dem Mieter gegenüber sein Wahlrecht hin zur Geldentschädigung ausüben, um sich später an der Kaution schadlos halten zu können.

Die Entscheidung des BGH: Keine kurzfristige Wahl des Vermieters erforderlich

Der BGH teilt diese Rechtsauffassung nicht. Er hat entschieden, dass die Aufrechnungsmöglichkeit des Vermieters bei Wohnraummietverhältnissen mit Kautionsabrede nicht davon abhängt, dass der Vermieter von seiner schadensrechtlichen Ersetzungsbefugnis bereits zu unverjährter Zeit Gebrauch gemacht hat.

Interesse der Mietparteien an einer einfachen Anspruchssicherung überwiegt

Der BGH begründet das vor allem damit, dass die Parteien sich mit der Vereinbarung über eine zu leistende Barkaution auch darauf verständigt hätten, dass sich der Vermieter im Zweifel möglichst einfach im Zuge der für beide Parteien maßgeblichen Abrechnung über die Kaution befriedigen können solle, wobei die Abrechnung regelmäßig erst nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist zu erfolgen habe. Diesem Sicherungsinteresse des Vermieters stünde – so der BGH – kein überwiegendes Interesse des Mieters gegenüber, wonach der Vermieter bereits vor Ablauf von sechs Monaten von seiner Ersetzungsbefugnis förmlich Gebrauch machen müsse.

Praxishinweis

Der Bezifferung eines konkreten Geldbetrages bedarf es zur Ausübung der Ersetzungsbefugnis nicht; es reicht aus, wenn dem Mieter vermittelt wird, dass er nicht mehr Naturalrestitution, sondern den hierfür erforderlichen Geldbetrag schuldet. Damit handelt es sich bei dieser Mitteilung des Vermieters für den Mieter, der bis zur Rückgabe der Mietsache verursachte Schäden nicht beseitigt hat, ohnehin um eine wenig relevante Erklärung. Vielmehr ist für ihn die Verrechnung der Schadensansprüche mit seiner Kaution erwartbar, nachdem sie regelmäßig bereits im Übergabeprotokoll festgehalten wurden. Das Festhalten der Mängel in einem Übergabeprotokoll ist in diesem Zusammenhang elementar, da es dem Vermieter andernfalls - nach über sechs Monaten - schwerlich möglich sein wird zu beweisen, dass der Mieter Verursacher der Mängel gewesen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Wohnung bereits anderweitig vermietet wird.

Daher ist es zu begrüßen, dass der Bundesgerichtshof mit dieser praxisorientierten Entscheidung entgegenstehenden Urteilen der Instanzgerichte (z.B. Kammergericht, Beschluss v. 2.12.2019, 8 U 104/17) entgegentritt und diese – Vermietern wohl wenig bekannte – "Förmelei" nicht zur Voraussetzung zur erfolgreichen Kautionsverwertung macht. Vermieter können sich so – ganz ihrer Schadensminderungsverpflichtung folgend – der zügigen Schadensbeseitigung widmen.

(BGH, Urteil v. 10.7.2024, VIII ZR 184/23)

Schlagworte zum Thema:  Mietkaution, Verjährung, Mietrecht