Mietrecht und WEG-Recht: Grillen im Mehrfamilienhaus

Wo auf Balkon, Terrasse oder im Garten gegrillt wird, ist der Nachbarschaftsstreit oft vorprogrammiert. Was dürfen Wohnungseigentümer und Mieter? Ein Überblick.

Es ist Frühling. Die Grillsaison ist eröffnet. Nicht jeder Nachbar hat daran seine Freude, wenn es aus dem Garten nebenan oder von Balkonen und Terrassen qualmt, nach verbranntem Fleisch riecht oder das Barbecue zu laut wird. Was ist erlaubt?

Die Grundregel leitet sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ab: Das Eigentumsrecht des anderen darf nicht beeinträchtigt werden (Eigentumsstörung im Sachenrecht).

Dazu kommen die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer, kommunale Vorgaben und Gerichtsurteile. Ein Überblick.

Nachbarrecht: Gesetzliche Regelungen

In den Satzungen der Kommunen kann eine Mittagsruhe festgelegt sein. Die Regelungen zur Nachtruhe unterscheiden sich je nach Bundesland. Eine Lärmbelästigung in festgelegten Ruhezeiten müssen Nachbarn nicht hinnehmen. Auch mutwilliger Kinderlärm mit dem Ziel, andere zu stören, muss nicht geduldet werden.

Auch in der Hausordnung können Ruhezeiten verbindlich geregelt sein. Allgemein beginnt die Nachtruhe um 22 Uhr und endet um 6:00 Uhr oder 7:00 Uhr morgens. Dulden Nachbarn ein längeres Barbecue im Garten nicht, muss die Grillparty ab 22 Uhr nach innen verlegt werden.

Grillregeln: Hausordnung und Mietvertrag

Wie häufig in einem Mehrfamilienhaus gegrillt werden darf, ist nicht einheitlich geregelt. Zeitliche Beschränkungen sind in der Regel in der Hausordnung, im Mietvertrag oder in der Gemeinschaftsordnung festgelegt.

Auch ein explizites Grillverbot oder ein Verbot, auf offener Flamme zu grillen, kann mietvertraglich geregelt werden.

Die Gerichte entscheiden je nach Einzelfall unterschiedlich.

Grillverbot: Der Mietvertrag macht die Musik

Eine mietvertragliche Bestimmung, wonach das Grillen grundsätzlich untersagt ist, ist wirksam, so das Landgericht Essen. Wer sich an bestehende Regelungen nicht hält, riskiert eine Abmahnung vom Vermieter und in der Folge sogar eine Kündigung.

(LG Essen, Urteil v. 17.2.2002, 10 S 437/01)

In Wohnungseigentümergemeinschaften sollte die Eigentümerversammlung einen Beschluss fassen, wann das Grillen erlaubt ist, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Mehrheitsbeschluss: Freibrief für's Grillen?

Das Grillen sollte nicht uneingeschränkt erlaubt sein. Ein solcher Freibrief ist rechtlich bedenklich, so das Landgericht Düsseldorf. Eine Eigentümerversammlung hatte per Mehrheitsbeschluss das Grillen auf den Balkonen des Mehrfamilienhauses ohne Einschränkungen erlaubt. Einer der Miteigentümer klagte gegen den Beschluss und bekam Recht.

(LG Düsseldorf, Beschluss v. 9.11.1990, 25 T 435/90)

Grillplatz: Was muss der Nachbarn dulden?

Wer in seinem Garten ein Lagerfeuer entfacht oder den Holzkohlegrill anwirft, sollte das tun, ohne die Nachbarn zu belästigen. Die Rauchschwaden sollten möglichst nicht direkt zu ihnen herüberziehen.

Wenn Rauch oder Geruch vom Grill in Schlaf- und Wohnräume zieht, kann der Nachbar das als störend oder unzumutbar empfinden – dann läge ein Eingriff in das Eigentumsrecht vor, erklärt der Landesvorsitzende der hessischen Schiedsleute, Bodo Winter (Büdingen), der sich um die gütliche Beilegung von Nachbarschaftsstreitigkeiten kümmert.

Stilles Eckchen für den Grill

in Aachen ist das Grillen nur im hinteren Teil des Gartens erlaubt.

(LG Aachen, Urteil v. 14.3.2002, 6 S 2/02)

Grillen mit dem Wind: Ordnungsgeld fällig

Im Rheinland hängt das Grillen von der Windrichtung ab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Grillen komplett untersagt, wenn der Nachbar hierdurch einer starken Rauchentwicklung ausgesetzt wird. In diesem Fall wird sogar ein Ordnungsgeld fällig.

(OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.5.1995, 5 Ss (OWi) 149/95)

Grillen auf dem Balkon unzulässig

Das Amtsgericht in Hamburg-Mitte hat entschieden, dass nur dann gegrillt werden darf, wenn der Nachbar nicht durch rauchende Holzkohle oder den Geruch bratenden Fleisches beeinträchtigt wird. Das Grillen auf dem Balkon hält das Gericht für gänzlich unzulässig.

(AG Hamburg-Mitte, Urteil v. 7.7.1973, 40 C 229/1972)

Zahl der Grilltage: Die Rechtsprechung

Gebot der Rücksichtnahme

Das Landgericht München I hat für eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) eine maximale Anzahl von Grilltagen festgelegt. Grillen sei zwar allgemein üblich, es gebe dennoch Grenzen dafür, wie viel Rauch und Gerüche die Nachbarn hinnehmen müssen.

Maßstab für die Entscheidung war das Gebot der Rücksichtnahme: Beeinträchtigungen des Sondereigentums der anderen Wohnungseigentümer, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen, müssen nicht hingenommen werden. Wann diese Grenze überschritten wird, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Bei der Beurteilung spielen der Standort des Grills, die Häufigkeit und das verwendete Grillgerät eine Rolle.

(LG München I, Urteil v. 1.3.2023, 1 S 7620/22 WEG)

WEG kann Grillen verbieten

Wohnungseigentümer können mehrheitlich das Grillen auf offener Flamme in der Anlage verbieten. Ein Beschluss über die Aufnahme einer solchen Regelung in die Hausordnung entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, entschied auch das Landgericht München I.

(LG München I, Urteil v. 10.1.2013, 36 S 8058/12 WEG)

Grillhäufigkeit und Ankündigung

Das Amtsgericht Halle hat entschieden, dass ein Grundstückseigentümer höchstens fünfmal pro Kalenderjahr mit dem Holzkohlegrill auf der Terrasse oder der zum Sondernutzungsrecht gehörenden Rasenfläche grillen darf. Außerdem muss der Nachbar 24 Stunden vorher benachrichtigt werden.

(AG Halle, Urteil v. 11.12.2012, 10 C 1126/12)

Geruchsbelästigung und Grillhäufigkeit

Ein Grundstückseigentümer darf den Grillkamin an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn höchstens zwei Mal pro Monat benutzen, so das Amtsgericht Westerstede, die Grilltage wurden auf maximal zehn pro Kalenderjahr beschränkt. Die Begründung: Der Nachbar werde erheblich durch den starken Qualm mit Grillgeruch belästigt. Das lag daran, dass sein Schlafzimmerfenster nur neun Meter vom Grillkamin entfernt lag.

(AG Westerstede, Beschluss v. 3.6.2009, 22 C 614/09)

Holzkohlegrill auf Sondernutzungsfläche

Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied, dass eine Wohnungseigentümerin nicht mehr als fünf Mal pro Jahr im Garten (Sondernutzungsfläche) mit Holzkohlegrill grillen durfte, da Rauch und beißende Gerüche entstehen. Beides könne zu Beeinträchtigungen der anderen Wohnungseigentümer führen, die das unvermeidbare Maß übersteigen. Der Abstand zum Nachbarn betrug zirka 25 Meter.

(BayObLG, Beschluss v. 18.3.1999, 2Z BR 6/99)

Eingeschränkte Grillsaison

Das Amtsgericht Bonn hat entschieden, dass von April bis September einmal pro Monat Grillen erlaubt ist, wenn die Nachbarn zwei Tage vorher informiert werden.

(AG Bonn, Urteil v. 29.4.1997, 6 C 545/96)

Und das Landgericht Stuttgart erlaubte das Grillen dreimal jährlich für je zwei Stunden auf der Wohnungsterrasse

(LG Stuttgart, Urteil v. 14.8.1996, 10 T 359/96). 


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