unanfechtbar
Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzrecht. Sicherung des Existenzminimums im Insolvenzverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Entscheidung des Insolvenzrechtspflegers, durch die ein Antrag des Schuldners auf eine Maßnahme nach § 850 f Abs. 1 ZPO abgelehnt wird, ist die Beschwerde nach § 6 InsO nicht gegeben. Über einen gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsbehelf des Schuldners hat deshalb nach § 11 Abs. 2 RPflG der Richter des Insolvenzgerichts abschließend zu entscheiden.
2. Daß der Schutz des Existenzminimums im Verfahren der Einzelzwangsvollstreckung auch und gerade durch die Bestimmung des § 850 f Abs. 1 ZPO gewährt wird, legt ihre entsprechende Anwendung im Insolvenzverfahren nahe.
Normenkette
InsO §§ 4, 6-7; ZPO §§ 850c, 850f; RPflG § 11
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 9 T 444/00) |
AG Dortmund (Aktenzeichen 258 IK 10/99) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin vom 16. Juni 2000 gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 8. Mai 2000 – 9 T 444/00 – wird zugelassen.
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Schuldnerin vom 16. Juni 2000 wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 8. Mai 2000 – 9 T 444/00 – aufgehoben. Die Sache wird unter Aufhebung der Vorlageverfügung des Rechtspflegers des Amtsgerichts Dortmund vom 26. April 2000 zur Entscheidung über die Erinnerung der Schuldnerin vom 12. April 2000 gegen den Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Dortmund vom 6. April 2000 – 258 IK 10/99 – an das Amtsgericht Dortmund zurückgegeben.
Die im Verfahren der sofortigen Beschwerde vor dem Landgericht Dortmund – 9 T 444/00 – und im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Köln – 2 W 155/00 – angefallenen Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Entscheidung über die übrigen im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten wird dem Amtsgericht Dortmund übertragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Dortmund hat durch Beschluß vom 26. August 1999 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beteiligten zu 4) zum Treuhänder gemäß § 313 InsO ernannt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Oktober 1999, der am 15. Oktober 1999 bei dem Amtsgericht eingegangen ist, hat die Schuldnerin beantragt, den pfändungsfreien Anteil ihres Einkommens gemäß § 850 f ZPO oder in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung auf DM 2.075,14 anzuheben. Sie hat ausgeführt, ausweislich einer Bescheinigung der Stadt D. vom 29. September 1999 betrage ihr sozialhilferechtlicher Bedarf DM 2.075,14. Da ihr dieser Betrag bei Abführung der pfändbaren Lohnanteile nicht verbleibe, sei zur Sicherung ihres Existenzminimums eine entsprechende Anhebung erforderlich.
Durch Beschluß vom 10. Dezember 1999 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht Aufgabe des Insolvenzgerichts, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen. § 850 f ZPO sei im Insolvenzverfahren weder direkt noch entsprechend anwendbar. Die gegen diesen Beschluß gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 16. Dezember 1999 hat das Landgericht Dortmund durch Beschluß vom 6. Januar 2000 – 9 T 1397/99 – (veröffentlicht in NZI 2000, 182 f) als unzulässig verworfen. Das Landgericht hat ausgeführt, das Rechtsmittel sei mangels Rechtsschutzbedürfnis der Schuldnerin unzulässig. Für die Berechnung und Gewährung von Unterhalt sei (zunächst) der Treuhänder zuständig. Daher hätte die Schuldnerin zunächst bei ihm einen Antrag auf Erhöhung des unpfändbaren Anteils ihres Einkommens stellen müssen. Erst dann, wenn der Treuhänder und die Gläubigerversammlung sich weigerten, eine Erhöhung des Unterhalts zu bewilligen, stehe einem Schuldner der Weg zur Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung frei. Dieser Beschluß des Landgerichts ist nicht mit einem Rechtsmittel angefochten worden.
Die Gläubiger, die Beteiligten zu 2) und 3), haben einer Erhöhung des pfändungsfreien Betrages nicht zugestimmt. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 23. März 2000 hat die Schuldnerin daraufhin bei dem Insolvenzgericht in Anlehnung an den Beschluß des Landgerichts vom 6. Januar 2000 beantragt festzustellen, daß ihr unpfändbares Einkommen im Insolvenzverfahren mit monatlich DM 2.075,14 anzunehmen sei, und den Treuhänder anzuhalten, ihr diesen Betrag zur Verfügung zu stellen. Diesen Antrag hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts durch Beschluß vom 6. April 2000 abgelehnt. Er hat ausgeführt, der nach § 850 c ZPO pfändbare Teil des Arbeitseinkommens der Schuldnerin falle als Neuerwerb in die Masse. Darin, daß der Treuhänder den über die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO hinausgehenden Teil des Einkommens an die Gläubiger auszahle, liege keine Vollstreckungsmaßnahme, auf die § 850 f ZPO anwendbar wäre. Die Entscheidung der Gläubiger, daß Unterhalt aus der Masse nicht geleistet werden solle, könne das Insolvenzgerich...