Leitsatz (amtlich)

Das Gericht kann die Genehmigung der Wahl eines ehemaligen Rechtsanwalts zum Verteidiger gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 StPO in der Regel ablehnen, wenn der Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt im Bundeszentralregister eingetragen ist.

 

Normenkette

StPO § 138 Abs. 2 S. 1; BZRG § 10 Abs. 2 Hs. 1 Nr. 1; BRAO § 14 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Entscheidung vom 11.12.2014; Aktenzeichen 5 Ns 16 Js 3155/13)

LG Ravensburg (Aktenzeichen 1 Ds 16 Js 3155/13)

AG Bad Waldsee (Aktenzeichen 16 Js 3155/13)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 11. Dezember 2014 wird als unbegründet

    verworfen.

    Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

  2. Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Ravensburg vom 11. Dezember 2014 dahingehend

    abgeändert,

    dass die Bestellung von Rechtsanwalt ......... als Pflichtverteidiger aufgehoben wird. Das Landgericht hat über die Auswahl des Pflichtverteidigers erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Beschwerde des Angeklagten als unbegründet

    verworfen.

    Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr für das Beschwerdeverfahren auf die Hälfte ermäßigt. Dem Angeklagten ist die Hälfte seiner notwendigen Auslagen im Beschwerdeverfahren zu erstatten.

 

Gründe

I.

Gegen den Angeklagten ist beim Landgericht Ravensburg ein Berufungsverfahren anhängig. Mit einem in der ausgesetzten Berufungshauptverhandlung vom 17. November 2014 in Anwesenheit des Angeklagten verkündeten Beschluss bestellte die mit der Sache befasste Strafkammer einen psychiatrischen Sachverständigen, der ein Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten erstatten soll. Weiter lautet der Beschuss wie folgt: "Dem Angeklagten wird aufgegeben, binnen einer Frist von 1 Woche, gerechnet ab heute, einen Verteidiger / eine Verteidigerin seiner Wahl zu benennen. Nach Ablauf der vorgenannten Frist wird ihm ansonsten Rechtsanwalt ........... beigeordnet." In einem Schreiben vom 20. November 2014 wurde dem Angeklagten der Inhalt des Beschlusses vom 17. November 2014 auszugsweise nochmals schriftlich mitgeteilt. Am 25. November 2014 beantragte der Antragsteller unter Hinweis darauf, dass ihm die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen wurde, ihn als Verteidiger für den Angeklagten gemäß § 138 Abs. 2 StPO zuzulassen. Hilfsweise für den Fall, dass der Antrag abgelehnt werden sollte, beantragte er, für den Angeklagten Rechtsanwältin ...... aus ....... als Verteidigerin zu bestellen.

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 hat die Strafkammer die Zulassung des Antragstellers als Verteidiger abgelehnt und dem Angeklagte Rechtsanwalt ......als Pflichtverteidiger beigeordnet. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014 namens und im Auftrag des Angeklagten und im eigenen Namen "sofortige Beschwerde" eingelegt. Mit Beschluss vom 8. April 2015 hat das Landgericht Ravensburg den Beschwerden nicht abgeholfen.

II.

1. Die als (einfache) Beschwerden zu behandelnden Rechtsbehelfe des Angeklagten und des Antragstellers sind zulässig.

a) Soweit der Antragsteller in eigenem Namen Beschwerde einlegt, ist diese dahingehend auszulegen, dass er nur die Ablehnung seiner Zulassung als Verteidiger angreift. Gründe, warum die Auswahl des Pflichtverteidigers den Antragsteller ansonsten in eigenen Rechten beeinträchtigen soll, bringt er nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich. Deshalb ist anzunehmen, dass er das Rechtsmittel nur in dem Umfang in eigenem Namen einlegt, in dem er beschwert und beschwerdeberechtigt ist. Gegen die Versagung der Genehmigung gemäß § 138 Abs. 2 StPO kann die zum Verteidiger gewählte Person nach herrschender Meinung aus eigenem Recht Beschwerde einlegen (OLG Celle, Beschluss vom 13. August 2012 - 2 Ws 195/12, [...] Rn. 6; Laufhütte in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 138 Rn. 17; Lüderssen/Jahn in Löwe-Rosenberg, StPO, § 138 Rn. 32; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 138 Rn. 23; Wessing in BeckOK StPO, § 138 Rn. 19 (Stand: Januar 2015); a. A. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24. Januar 2014 - 3 Ws 56/14). Hingegen steht demjenigen, der seine Beiordnung als Pflichtverteidiger begehrt, kein eigenes Beschwerderecht zu (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 141 Rn. 10).

b) Die Beschwerde des Angeklagten, den der Antragsteller trotz der versagten Genehmigung insoweit vertreten kann (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., vor § 137 Rn. 12; § 138 Rn. 10), ist auch zulässig, soweit sie sich gegen die Bestellung von Rechtsanwalt ...... zum Pflichtverteidiger wendet. Zwar ist eine Pflichtverteidigerbestellung grundsätzlich mangels Beschwer nicht anfechtbar. Sie unterliegt aber der Beschwerde, wenn der Beschuldigte geltend macht, die vom Gericht getroffene Auswahl des Verteidigers verletze sein durch § 142 Abs. 1 StPO geschütztes Interesse auf Beiordnung eines von ihm bezeichneten Verteidigers (vgl. OLG Stuttgart, Beschlu...

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