Verfahrensgang
AG Pirmasens (Entscheidung vom 08.08.2000; Aktenzeichen 1 F 175/00) |
AG Pirmasens (Aktenzeichen X 10/00) |
Tenor
Zuständig für die Sachentscheidung in vorliegendem Verfahren ist das Vormundschaftsgericht Pirmasens.
Gründe
Der Senat ist zur Entscheidung im Zuständigkeitsstreit zwischen den Abteilungen für Vormundschaftssachen und Familiensachen des Amtsgerichts Pirmasens berufen. Auf einen Zuständigkeitskonflikt zwischen einzelnen Spruchkörpern desselben Gerichts findet § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entsprechende Anwendung. Dabei ist, wenn – wie hier – eines der beteiligten Gerichte ein Familiengericht ist, zur Entscheidung ein Familiensenat des Oberlandesgerichts berufen, vorliegend der 5. Zivilsenat, weil die Angelegenheit durch das der Zuständigkeit des beschließenden Senats unterworfene Amtsgericht Pirmasens vorgelegt worden ist. Die Zuständigkeit des Landgerichts als das in der Vormundschaftssache höhere Gericht tritt zurück (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1999, 615 m.w.N.).
Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts liegen – nunmehr – vor. Die beiden vorbezeichneten Abteilungen des Amtsgerichts haben sich nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten in verlautbarten Entscheidungen wirksam für unzuständig erklärt; es besteht mithin ein negativer Kompetenzkonflikt im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.
Zuständig für die Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld ist das Vormundschaftsgericht.
Dies besagt ausdrücklich § 64 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 4 EStG. Danach bestimmt das Vormundschaftsgericht auf Antrag die Bezugsberechtigung, wenn denn mehrere Berechtigte untereinander keine Bestimmung treffen.
Der Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 4 EStG liegt keineswegs ein offenbares Redaktionsversehen zugrunde. Es kann nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber bei Neufassung der §§ 23 b Abs. 1 GVG und 621 Abs. 1 ZPO durch Art. 4 Nr. 1 und Art. 6 Nr. 14 des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts – KindRG – vom 16. Dezember 1997 die in § 64 Abs. 2 und 3 EStG getroffene gerichtliche Zuständigkeit nicht bedacht hat und infolgedessen eine Änderung auch dieses Gesetzes ungewollt unterblieben ist. Für die Annahme, der Gesetzgeber habe auch die Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld dem Familiengericht zuweisen wollen, ist kein zwingender sachlicher Grund erkennbar.
Bei der gerichtlichen Bestimmung des Bezugsberechtigten für das Kindergeld handelt es sich nicht um eine Familiensache im eigentlichen oder engeren Sinne. Zwar sind nach dem Kindschaftsreformgesetz dem Familiengericht alle die elterliche Sorge für ein Kind betreffenden Verfahren ausschließlich zugewiesen, soweit nach den Vorschriften des BGB das Familiengericht zuständig ist. Die bisherige Unterscheidung zwischen Sorgerechtsverfahren, die in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallen, und von vormundschaftsgerichtlichen Sorgerechtsverfahren und die damit einhergehende Zweigleisigkeit ist vollständig aufgegeben. Die Bestimmung derjenigen, die ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes haben, wer von ihnen das Kindergeld erhalten soll, berührt indes nicht den Bereich der elterlichen Sorge. Dies erhellt bereits der Umstand, dass Kinder grundsätzlich nur einen Anspruch auf Kindergeld vermitteln, anspruchsberechtigt indes regelmäßig der das Kind betreuende Elternteil ist. Auch die Berücksichtigung von Kindern bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BKGG, die mithin der elterlichen Sorge nicht mehr unterstehen, verdeutlicht die Inkongruenz zwischen Kindergeldbezug und elterlicher Sorge.
Auch unterhaltsrechtliche Bezüge des Kindergeldes, die eine zwingende familiengerichtliche Zuständigkeit nahe legen könnten, sind nicht gegeben. Zwar kommt dem Kindergeld beim Kindesunterhalt hinsichtlich der Höhe des Zahlbetrags gemäß § 1612 b BGB durchaus unterhaltsrechtlich Bedeutung zu. Dies gilt indes auch für andere Einkommensbestandteile. Bei dem Kindergeld handelt es sich insbesondere nicht um einen Teil des Kindesunterhalts. Kindergeld ist grundsätzlich unterhaltsrechtlich nicht erhebliches Einkommen, und zwar weder Einkommen des Kindes noch seiner Eltern, auch wenn im Mangelfall Anderes gelten kann (vgl. Göppinger/Wax/Häußermann, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., Rdnr. 815 ff m.w.N.). Als Teilelement des steuerlichen Familienleistungsausgleichs oder aber sozialer Förderungsmaßnahme mag es sich auf die Bemessung des Kindesunterhalts auswirken, ohne aber Teil desselben zu sein (vgl. Göppinger/Wax/Häußermann, a.a.O., Rdnrn. 744 ff mit allgemeinen Ausführungen zum Kindergeld). Die gerichtliche Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten durch das Familiengericht mag deshalb sinnvoll erscheinen. Zwingend ist dies und die Annahme eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers keineswegs. Die Grenzen der dem Vormundschaftsgericht zugewiesenen Prüfungskompetenz bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung ist ohnehin aus kindergeldrechtlicher und nicht aus unterhaltsrechtlicher Sicht zu ziehen....