Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerhinterziehung
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 01.04.1998) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten als offensichtlich unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat.
Gründe
Ergänzend zu der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft zu der Revision ist nur noch das Folgende auszuführen:
a) Die vom Landgericht inzident getroffene rechtliche Würdigung, daß die Hinterziehung der Tabaksteuer, der Einfuhrumsatzsteuer und des Drittlandzolls (Einfuhrzollschuld) nach der VO (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12. Oktober 1992 ≪im folgenden: Zollkodex≫ in allen festgestellten 5 Fällen jeweils tateinheitlich begangen wurde, hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Tateinheit (§ 52 StGB) liegt bei der Hinterziehung mehrerer Abgaben vor, wenn die erforderlichen Angaben, die der Täter pflichtwidrig unterlassen hat, durch ein und dieselbe Handlung zu machen gewesen wären (Erbs-Kohlhaas-Senge, AO, 113. ErgLfg., § 370, Rn. 100; Klein, AO, 6. A. § 370, Anm. 26; Tröndle, StGB, 48. A., vor § 52 Rn. 6; BGH bei Holtz, MDR 1979, 987). Das gilt auch für den Fall, daß bei einer Schmuggelfahrt mehrere Eingangsabgaben hinterzogen werden (Erbs-Kohlhaas-Senge, a.a.O.; BGH bei Herlan, GA 1953, 151).
Die Einfuhrumsatzsteuer entstand dadurch und wurde fällig, daß die Zigaretten bei der Einfuhr in die Bundesrepublik der zollamtlichen Überwachung vorenthalten wurden (§§ 13 Abs. 3 UStG i.V. mit § 21 Abs. 2 UStG und § 4 ZollVG). Entsprechendes gilt für die Entstehung und Fälligkeit der Tabaksteuer (§ 21 Tabaksteuergesetz) und des Einfuhrzolls nach dem Zollkodex. Zwar entsteht in der Regel gemäß Art. 202 Abs. 1 S. 1 a Zollkodex die Einfuhrzollschuld bereits in dem Zeitpunkt, in dem eine Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird. Das wäre der Zeitpunkt, in dem die Zigaretten unter Verletzung der Gestellungspflicht (nach Art. 4 Nr. 19 Zollkodex ist Gestellung die Mitteilung an die Zollbehörden, daß sich die Ware bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort befinden) gemäß Art. 38, 40 Zollkodex von Andorra nach Frankreich gebracht wurden. Gemäß Art. 215 Abs. 3 Zollkodex gilt aber in den Fällen, in denen das Zollverfahren für eine Ware nicht erledigt worden ist, die Zollschuld als an dem Ort entstanden, an dem die Ware in das Zollverfahren übergeführt worden ist. Demgemäß wird der Begriff des Verbringens in das Zollgebiet nicht auf den unmittelbaren Grenzübertritt in das Gebiet der Gemeinschaft beschränkt, sondern durch den in Art. 202 Abs. 1 S. 2 Zollkodex enthaltenen Verweis auf die Artikel 38 bis 41 Zollkodex auf den gesamten Zeitraum bis zur Gestellung ausgedehnt (Witte, Zollkodex, 1994, Art. 202, Rn. 2). Damit bestand vorliegend, da eine Gestellung nicht erfolgt war, auch bei der Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland noch die Gestellungspflicht (Witte, a.a.O. Art. 202, Rn. 1), die vom Angeklagten und seinen Mittätern erneut verletzt wurde. Zugleich wurde, da die Steuerschuld hier auch entstand (Art. 215 Abs. 3 Zollkodex), das für den Tatbestand der Steuerhinterziehung erforderliche Tatbestandsmerkmal der Steuerverkürzung (§ 370 Abs. 1 AO) erfüllt. Der Tatbestand der Verkürzung des Einfuhrzolls wurde in dem Zeitpunkt, in dem auch die Tabaksteuer und die Einfuhrumsatzsteuer durch die unterlassene Anmeldung bei den Zollbehörden der Bundesrepublik verkürzt wurden, verwirklicht. Das Landgericht ist somit zu Recht von einer tateinheitlichen Begehungsweise ausgegangen, da die unterlassene Erklärung für die genannten drei Abgaben von Bedeutung war.
b) Die Berechnung der verkürzten Einfuhrabgaben, durch die der Schuldumfang der Straftat bestimmt wird, obliegt dem Tatgericht. Die Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt ist ebenso Rechtsanwendung wie die daraus folgende Berechnung der Summe der verkürzten Steuern (BGH NStZ-RR 1997, 277 m.w.N.). Eine Bezugnahme auf Berichte der Steuerfahndung oder einen Steuerbescheid genügen nicht. Vielmehr müssen die Urteilsgründe nicht nur die Summe der verkürzten Steuern sondern in der Regel auch deren Berechnung im einzelnen ergeben (BGHR AO, § 370 Abs. 1, Berechnungsdarstellung 4; Erbs-Kohlhaas-Senge, AO, 113. Erglfg., § 370, Rn. 111, 113).
Ausgehend von dieser Vorgabe begegnet die vom Landgericht berechnete Höhe der hinterzogenen Abgaben keinen durchgreifenden Bedenken, wie schon die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt hat. Zwar wird im Urteil die Berechnung der Höhe der festgestellten hinterzogenen Abgaben nicht dargelegt. Das Landgericht hat aber erkennbar eigene Berechnungen über die Höhe der hinterzogenen Beträge angestellt. Die vom Landgericht festgestellte Höhe der hinterzogenen Abgaben entspricht weder der in dem nicht rechtskräftigen Steuerbescheid vom 4. Juni 1997, der nach den im Urteil getroffenen Feststellung...