Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur einheitliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG durch den Insolvenzverwalter bei Ausübung mehrerer unterschiedlicher unternehmerischer Tätigkeiten durch den Insolvenzschuldner zulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Insolvenzschuldner hat auch dann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen nur ein Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinne, wenn er mehrere unterschiedliche unternehmerische Tätigkeiten ausübt, die teil der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen und teils zum insolvenzfreien Vermögen gehören.
2. Hat der Insolvenzschuldner eine unternehmerische Tätigkeit, für die er lediglich die Verfügungsbefugnis verloren hat, weil insoweit das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, und hat er zudem mit Genehmigung des Insolvenzverwalters während des Insolvenzverfahrens eine weitere unternehmerische Tätigkeit aufgenommen, so kann die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG für dieses aus mehreren unternehmerischen Tätigkeiten bestehende Unternehmen nur einheitlich in Anspruch genommen werden; über die Inanspruchnahme entscheidet der Insolvenzverwalter.
3. Hat der Insolvenzverwalter durch die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen nicht von § 19 UStG Gebrauch gemacht, kann der Insolvenzschuldner also nicht für die von ihm während des Insolvenzverfahrens aufgenommene, vom Insolvenzverwalter genehmigte zusätzliche unternehmerische Tätigkeit die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.
Normenkette
UStG § 19 Abs. 1-2, § 2 Abs. 1 Sätze 2-3; InsO § 80 Abs. 1, § 89 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Insolvenzverwalter für neuerworbenes Vermögen auf die Kleinunternehmerregelung für die Umsatzsteuer verzichten kann.
Der Kläger ist auf dem Gebiet des Maler- und Fußbodenlegerhandwerks tätig. Über sein Vermögen eröffnete am 20. Mai 2003 das Amtsgericht … unter dem Aktenzeichen … IN …/02 das Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter … gab unter der Steuernummer …/…/…7 jährlich Umsatzsteuererklärungen ab. Seit dem 1. April 2006 erzielt der Kläger steuerpflichtige Umsätze aus einer Maler- und Fußbodenlegerfirma. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gab der Kläger am 7. Juli 2006 an, von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen zu wollen. Der Kläger erhob in der Folgezeit in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer.
Der steuerliche Vertreter des Klägers teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 6. März 2007 mit, dass der Kläger ab dem Jahr 2007 auf die Kleinunternehmerregelung verzichte. Der Kläger reichte am 14. April 2008 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006 (Umsatzsteuer EUR 9,34) und am 23. April 2008 die für 2007 (Umsatzsteuer ./. EUR 1.343,27) unter der Steuernummer …/…/…4 ein. Für das Jahr 2006 begehrte er die Anwendung der Kleinunternehmerregelung, für 2007 erklärte teilweise steuerfreie Umsätze in Höhe von EUR 3.013 aus diesem Grund. Mit Bescheiden vom 25. Februar 2009 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2006 auf EUR 1.044,43 und für 2007 auf ./. EUR 862,19 fest, wobei er jeweils den Regelsteuersatz anwendete. Am 14. Mai 2009 erließ der Beklagte des Weiteren einen vom Kläger beantragten Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2006 und 2007, in dem er feststellte, dass die Umsatzsteuer 2006 EUR 1.044,43 betrug und die Umsatzsteuer 2007 noch in Höhe von EUR 481,08 fällig war, weil jeweils kein Kleinunternehmen vorgelegen habe. Die gegen alle Bescheide eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 5. März 2010 als unbegründet zurück.
Hinsichtlich des Umsatzsteuerbescheides 2007 und des Abrechnungsbescheides nahm der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurück.
Der Kläger macht geltend, dass der Insolvenzverwalter nicht für das insolvenzfreie Vermögen auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet habe, weil ihm hierfür gar keine Befugnis zugestanden habe. Ferner sei fraglich, ob Umsatzsteuerklärungen mit Umsätzen von jeweils EUR 0 einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung darstellten. Verrechnungen zwischen den beiden Vermögensmassen wären ohnehin nicht zulässig, daher sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum für das insolvenzfreie Vermögen die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ausscheiden solle. Für die Vorrangigkeit einer Verzichtserklärung des Insolvenzverwalters fehle jeder gesetzliche Anhaltspunkt. Auch sei bedenklich, dass der Beklagte erst nach Einreichung der Jahressteuererklärung seine Rechtsauffassung dem Kläger mitgeteilt habe, so dass der Kläger mehrere Monate auf die Erhebung der Umsatzsteuer verzichtet habe.
Es liege hier eine sog. unechte Freigabe von Insolvenzvermögen vor, d.h. der Insolvenzverwalter habe zwar dem Kläger die Tätigkeit erlaubt, fordere aber über die Einnahmen eine Abrechnung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 25....