Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine gesonderte Feststellung der freiberuflichen Einkünfte eines Seelotsen
Leitsatz (redaktionell)
Eine gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit kommt nicht in Betracht, wenn die Zuständigkeit eines anderen Finanzamts, in dessen Bezirk die Tätigkeit ausgeübt wird, nicht gegeben ist.
Normenkette
AO § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 b, § 18 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte des Klägers (Kl.) aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Seelotse gesondert festzustellen waren und ob das beklagte Finanzamt (FA) für die gesonderte Feststellung örtlich zuständig war. In der Sache geht es darum, ob Aufwendungen des Kl. für regelmäßige Fahrten zwischen seinem Wohnsitz und dem Parkplatz der Lotsenstation nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur beschränkt oder, wie der Kl. meint, in voller Höhe abziehbar sind, weil er an seinem Wohnsitz eine Betriebsstätte unterhält. Außerdem begehrt der Kl. die pauschale Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen.
Der Kl. ist als Seelotse für das Seelotsrevier - ABC - bestallt und als solcher Mitglied der Lotsenbrüderschaft mit Sitz in A. Seelotsreviere sind Fahrtstrekken und Seegebiete, für die zur Sicherheit der Schiffahrt die Bereitstellung einheitlicher, ständiger Lotsendienste angeordnet ist, § 2 des Gesetzes über das Seelotswesen (SeelG). Das ABC umfasst alle Fahrtstrecken zwischen Y und Z, alle übrigen Fahrtstrecken ... sowie alle Fahrtstrecken zwischen ... und ... (§ 2 Abs. 5 der Verordnung über die Seelotsreviere und ihre Grenzen, Allgemeine Lotsverordnung vom 21. April 1987, Bundesgesetzblatt - BGBl - I 1290 - ALV -). Nach der Bört- und Dienstordnung für die Lotsenbrüderschaft ABC obliegen den ihr angehörenden Seelotsen u. a. auch Fahrtgebiets- und Distanzlotsungen, Probefahrten, Überseelotsungen und Lotsungen auf ...
Der Lotse versieht seinen Dienst in der Regel im Reihendienst, in wenigen Fällen auch im Wachdienst. Im Reihendienst werden die Lotsen an den verschiedenen Einsatzorten in einer Börtliste geführt. Der in die Börtliste eingetragene Seelotse muss ständig dienstbereit sein. Der zeitliche Abstand zwischen zwei Lotsungen hängt von der Verkehrsdichte im Lotsrevier ab. Im Wachdienst werden die Lotsen in drei Wachen eingeteilt, Dienstwache, Freiwache und Bereitschaftswache. Während der Dienstwache befinden sie sich auf der Station und kehren nach einer Lotsung dorthin zurück. Der Seelotse im Wachdienst muss sich jedoch auch in der Bereitschafts- oder Freiwache zum Dienst bereithalten.
Die Revierlotsung führt in der Regel zu einer Außenstation (Y, Z) an der Grenze des Reviers. Der Seelotse hält sich dort bereit, bis er für ein anderes Schiff zu einer Rücklotsung abgeteilt wird. Die Außenstationen sind mit Schlaf- und Aufenthaltsräumen versehen, die dem Ruhebedürfnis nach einer Lotsung Rechnung tragen. Nach dem Einsatz wechselt der Seelotse in den Zustand der Wachbereitschaft. Auf den Einsatzstationen befinden sich keine Räumlichkeiten, die es erlauben würden, die in der Börtliste eingetragenen Seelotsen unterzubringen. Sie dienen der Annahme von Lotsbestellungen, der Abteilung von Lotsen und dem unmittelbaren Besetzen. Der Seelotse hält sich dort nur für kurze Zeit vor dem an Bord gehen auf. Die ständige Rufbereitschaft erfüllt der Seelotse deshalb zwangsläufig in seiner Wohnung.
Der Kl. nutzt an seinem Wohnsitz einen Kellerraum für notwendige Vor- und Nachbereitungen des Lotsdienstes. Dort hält er sich auch während der Rufbereitschaft auf. Von dort aus begibt er sich mit dem eigenen PKW - auf Anruf - stets zu dem gleichen Treffpunkt, dem von der Wohnung x km entfernten Parkplatz der Lotsenstation in A. Der Weitertransport zu den jeweiligen Einsatzstellen wird von dort organisiert und übernommen.
Der Kl. erklärte gegenüber dem Wohnsitzfinanzamt für das Streitjahr tatsächliche Fahrtkosten von ... DM und Verpflegungsmehraufwendungen von insgesamt ... DM. Das FA berücksichtigte die Fahrten lediglich mit 0,58 DM pro Entfernungskilometer; Mehraufwendungen für Verpflegung seien mangels einer Betriebsstätte am Wohnsitz nicht abzugsfähig (vgl. ESt-Bescheid vom 6. November 1992). Dagegen legte der Kl. Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV) in bestimmter Höhe. Das FA gab dem Antrag auf AdV teilweise statt (Bescheid vom 15. Dezember 1992). In analoger Anwendung von Abschnitt 39 Abs. 7 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sei von einer Einsatzwechseltätigkeit des Kl. auszugehen, so dass Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 8 DM an ... Arbeitstagen berücksichtigt werden könnten. Entsprechend änderte das FA den ESt-Bescheid für 1991 (nach § 172 Abs. 1 geänderter ESt-Bescheid für 1991 vom 13. Januar 1993). Der gerichtliche Antrag auf vollständige AdV blieb erfolglos (Beschluss des Schleswig-Holstei...