Entscheidungsstichwort (Thema)
Süßmosterei als Zweckbetrieb eines Vereines zur Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften für Behinderte
Leitsatz (redaktionell)
Keine Zweckbetriebseigenschaft einer Süßmosterei bei einem Verein zur Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften für Behinderte wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO.
Zum Verhältnis des § 68 AO zu § 65 AO.
Auch bei einem Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 AO ist die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO im Rahmen einer restriktiven Auslegung zu beachten.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 65 Nr. 3, § 68 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom dem Kläger (Kl.) betriebene Süßmosterei einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 Abgabenordnung (A0) darstellt.
Der Kl. verfolgte nach § 2 seiner für das Streitjahr 1990 maßgeblichen Satzung folgenden Zweck:
„Der Zweck des Vereins ist die Schaffung, Unterhaltung und Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in denen seelisch- und geistig behinderte junge Menschen leben und arbeiten, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Sie sollen von einem fachlichen qualifizierten Personenkreis betreut werden.“
Die Einrichtung wird auf einem Resthof betrieben.
In einer Anlage zu einem Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit vom 19. August 1976 hat der Kl. seine Vereinstätigkeit u. a. wie folgt beschrieben:
„Konzept von sozial-therapeutischer Arbeit in einer Großfamilie im Sinne einer Modelleinrichtung (in Stichworten)
Dieses Modell soll neue Wege für das Leben und Arbeiten mit Behinderten aufzeigen, die dem Gesetz nach in einer Heimsituation untergebracht werden müssen. Zur größtmöglichen Entfaltung ihrer individuellen Fähigkeiten ist hier an eine familienähnliche Situation gedacht, im Sinne einer früheren Großfamilie, wo die Lehrlinge und Gesellen ebenso zur Familie gehörten wie Kinder, Eltern und Großeltern, einschließlich der unverheirateten Tante oder eines nicht lebenstüchtigen Verwandten.
Nur sollte heute die Gemeinschaft nicht mehr vorrangig durch verwandtschaftliche Bindungen bestehen, sondern durch eine gemeinsame geistige Zielsetzung.
Die „Großfamilie“ mit Behinderten in einer „normalen“ Dorfgemeinschaft mit Kontakten zu dieser, sowie kulturellem Anschluss an eine Stadt mit Theater, Konzert- und Kinoveranstaltungen, einer Rudolf-Steiner-Schule, Christengemeinschaft (Kirchen) und der Anthroposophischen Gesellschaft, wird als Alternative zur Dörflergemeinschaft mit ihrer Vielzahl von Behinderten auf begrenztem Raum empfunden.
...
Mitarbeiter der Modelleinrichtung:
5 Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung und Ausbildung, die bereit und in der Lage sind, in einer Lebensgemeinschaft mit Behinderten zu leben.
Betreute der Modelleinrichtung:
8 heranwachsende weibliche und männliche Behinderte, die gem. der Satzung des Vereins nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und die dem Gesetz nach (BSHG u. JWG) in einer anerkannten Einrichtung gefördert werden müssen.
Wohn- und Lebensraum der Modelleinrichtung:
4 Einzelzimmer und 2 Zweibettzimmer für die Behinderten, sowie Wohnräume für die Mitarbeiter. Allen steht darüber hinaus zur Verfügung: große Wohndiele, Lese- und Musikzimmer, große Küche, Atelier, 2 Waschräume und WC's.
Werkbereiche der Modelleinrichtung:
1) Holzwerkstatt (auch Hausmeisterei und Bootsbau)
2) Siebdruckwerkstatt (auch Batik und Weben)
3) Schmiede
4) Viehwirtschaft (einschl. Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung)
5) Hauswirtschaft und Garten
Die Lehr- und Lernzeit soll in großen Rythmen, die sich nach den Jahreszeiten richten, in den vorgenannten Arbeitsbereichen stattfinden. Dazu kommt ein berufkundlicher Unterricht, entsprechend der jeweiligen Werkstattsituation und Besichtigungen diverser Handwerksbetriebe.
zu 1)
Die Holzwerkstatt ist zunächst zum Auf- und Ausbau der Räume gedacht und soll später auch zum Bootsbau verwendet werden. Auch sollen dort die anfallenden Reparaturen in und an den Gebäuden ausgeführt werden.
zu 2)
Die Siebdruckerei (überwiegend in den Wintermonaten betrieben) wird zunächst Tischdecken, Vorhänge etc. für die Gemeinschaft herstellen und später auch Aufträge annehmen können. Batik und Weben sind Nebenbereiche und fallen in erster Linie unter Handarbeiten in der Freizeit.
zu 3)
Die Schmiede wird hauptsächlich in der Michaelszeit in Betrieb sein und einfache Kerzenständer, Lampenhalter u. A. herstellen.
zu 4)
Die Viehwirtschaft (allerdings auch Hauswirtschaft) einschließlich der Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung soll ganzjährig betrieben werden. Dort können die Behinderten wechselweise in Epochen, deren Umfang die sozialtherapeutische Situation des Einzelnen bestimmt, arbeiten.
zu 5)
Die Hauswirtschaft umfasst das Kochen, die Wäsche und Hauspflege und wird wie unter 4) betrieben.
Der Garten und Ackerbau mit einem kleinen Gewächshaus wird dagegen nur in den Sommermonaten betrieben und soll di...