Rz. 96

Die Verjährung wird nur in dem Umfang unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.[1] Die neue Verjährungsfrist bezieht sich nur auf den Anspruch oder Teilanspruch, für den die Verjährungsunterbrechung endet. Eine ansonsten aus anderen Gründen bestehende Unterbrechung eines anderen oder gleichen Anspruchs oder Teilanspruchs bleibt dagegen wirksam.[2] Dies ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass sich der Umfang der Verjährungsunterbrechung jeweils konkret aus der jeweiligen einzelnen Unterbrechungshandlung ergibt.[3]

 

Rz. 97

Dadurch wird es in der Praxis häufig zu einer stufenweisen Teilverjährung der betroffenen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis kommen.[4] Schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung und Vollstreckungsaufschub unterbrechen die Verjährung des Zahlungsanspruchs in Höhe der in den entsprechenden Schriftstücken bzw. Verwaltungsakten genannten Beträge, Sicherheitsleistung in Höhe des Betrags, für den Sicherheit geleistet wird, Anmeldung im Insolvenzverfahren in Höhe der angemeldeten Beträge, Vollstreckungsmaßnahmen in Höhe des Betrags, für den die Vollstreckung durchgeführt bzw. versucht wird. Erfassen diese Maßnahmen nicht den gesamten Anspruch, kann Teilverjährung eintreten. Erfassen die Maßnahmen dagegen den gesamten Betrag, bleibt aber z. B. der Wert der erworbenen Sicherheit dahinter zurück, tritt Unterbrechung trotzdem wegen des gesamten Betrags ein. In diesem Fall tritt keine Teilverjährung ein. Bei Ermittlungen über die Wohnung oder den Aufenthaltsort umfasst die Unterbrechung den gesamten noch geschuldeten Betrag.

 

Rz. 98

Die Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist bezieht sich immer auf einen bestimmten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, also auf einen Anspruch hinsichtlich einer bestimmten Steuerart und eines bestimmten Besteuerungszeitraums. Eine Unterbrechungshandlung bezüglich eines solchen konkreten Steueranspruchs bewirkt nicht die Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist bezüglich einer anderen Steuerart bzw. eines anderen Besteuerungszeitraums, auch wenn eine enge sachliche Beziehung besteht (z. B. Unterbrechung der Verjährungsfrist hinsichtlich einer USt-Forderung wirkt nicht auf einen Erstattungsanspruch bei der ESt, auch wenn der Erstattungsanspruch auf Passivierung dieser USt-Verbindlichkeit beruht).

 

Rz. 99

Der Umfang der Wirkung der jeweiligen Unterbrechungshandlung bestimmt sich nach objektiven Gesichtspunkten.[5] Sieht die Finanzbehörde etwa in einem AdV-Verfahren von der Vollstreckung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ab, erstreckt sich die Unterbrechung der Zahlungsverjährung nach objektivem Verständnis auch auf den Teilbetrag der festgesetzten Steuer, der insoweit nicht streitbefangen ist.[6]

[1] Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 231 Rz. 27; Günther, AO-StB 2022, 21, 25.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 231 AO Rz. 42.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 231 AO Rz. 43, Koenig/Klüger, AO, 4. Aufl. 2021, § 231 Rz. 41.
[4] Kögel, in Gosch, AO/FGO, § 231 AO Rz. 47; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 231 AO Rz. 43.
[5] BFH v. 23.2. 2010, VII R 9/08, BStBl II 2011, 667 Rz. 34 ff.; Kögel, in Gosch, AO/FGO, § 231 AO Rz. 48; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 231 AO Rz. 43.
[6] BFH v. 23.2. 2010, VII R 9/08, BStBl II 2011, 667 Rz. 34 ff.; Kögel, in Gosch, AO/FGO, § 231 AO Rz. 48.

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