Rz. 12

Ordnungswidrig handelt, wer den unrichtigen Beleg ausstellt. Dies kann sowohl durch Herstellen eines vollständig neuen schriftlichen Belegs als auch durch Veränderungen an einem bereits existenten Beleg erfolgen. In der letztgenannten Alternative kann § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO allerdings lediglich zur Anwendung kommen, wenn der Urheber selbst die Änderungen vornimmt, da anderenfalls eine Urkundenfälschung vorliegt, die gem. § 21 OWiG die Ordnungswidrigkeit des § 379 AO verdrängt.

 

Rz. 13

Allein die rein körperliche Anfertigung eines Belegs stellt jedoch noch kein Ausstellen i. S. d. § 379 AO dar. Vielmehr muss im Fall eines Fremdbelegs dieser durch eine bewusste Handlung des Urhebers in den Verfügungsbereich dessen gelangt sein, für den er bestimmt ist. Dies setzt allerdings nicht voraus, dass der Beleg dem Empfänger ausgehändigt wird, sondern es reicht auch aus, wenn er auf sonstige Weise in den Verfügungsbereich desjenigen gelangt, für den der Beleg bestimmt ist.[1] Auch im Fall eines Eigenbelegs, bei dem Aussteller und Verwender identisch sind, liegt in der puren Anfertigung des Belegs noch kein tatbestandliches Handeln. Der Tatbestand ist erst verwirklicht, wenn der Beleg in eine steuerlich relevante Situation gelangt, z. B. wenn er in den Buchhaltungsordner geheftet, in den Geschäftsgang gegeben oder dem Steuerberater ausgehändigt wird.[2] Es ist nicht erforderlich, dass der Empfänger den unrichtigen Beleg auch verwendet oder Vorteile aus ihm zieht. Eine sanktionslose Tatvorbereitung liegt hingegen vor, solange der Ersteller den Beleg bei sich im nicht steuerlich relevanten Bereich behält oder beleglos fiktive Rechnungen verbucht.

In elektronischer Form erstellte und übermittelte Belege – z. B. Lieferscheine und Rechnungen – sind erst i. S. d. § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ausgestellt, wenn der Empfänger sie ausdruckt. Die weitergeleitete oder gespeicherte Datei stellt keinen Beleg i. d. S. dar.[3]

[1] = zugegangen i. S. d. § 130 BGB; BayObLG v. 13.6.1989, RReg 4 St 206/88, wistra 1990, 195, 196; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 379 AO Rz. 35; Roth, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 379 AO Rz. 14. Unzutreffend hingegen Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 379 AO Rz. 41, der ausschließlich die Übermittlung an den Dritten ausreichen lassen will und die vorherige körperliche Anfertigung oder Veränderung des Belegs als verzichtbar ansieht.
[2] Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 379 AO Rz. 35; Talaska, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 379 AO Rz. 75; Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 379 AO Rz. 30.
[3] Talaska, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 379 AO Rz. 76; Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 379 AO Rz. 30.

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