0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 24d trat aufgrund des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG) v. 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246) am 30.10.2012 in Kraft und löste den bis dahin geltenden § 196 RVO ab.
Durch das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) v. 17.7.2015 (BGBl. I S. 1368) wurden mit Wirkung zum 25.7.2015 bei Satz 1 ein Semikolon und ein zweiter Halbsatz mit folgendem Wortlaut eingefügt: "ein Anspruch auf Hebammenhilfe im Hinblick auf die Wochenbettbetreuung besteht bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Geburt, weitergehende Leistungen bedürfen der ärztlichen Anordnung". Außerdem wurde durch das Gesetz in § 24d der heutige Satz 4 angefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Eine wichtige Maßnahme für die Erhaltung der Gesundheit
- der werdenden und jungen Mutter einerseits sowie
- des ungeborenen/geborenen Kindes anderseits
ist eine regelmäßige Betreuung und Beratung durch einen Arzt und/oder durch eine Hebamme bzw. einen Entbindungspfleger. § 24d schafft hierfür die gesetzliche Grundlage.
Die regelmäßige Betreuung und Beratung werden u.a. flankiert durch spezielle Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt. Die Inhalte und den Umfang der einzelnen Betreuungsschritte regeln in erster Linie die gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 i. V.m. § 24c bis § 24f beschlossenen Mutterschafts-Richtlinien (vgl. Rz. 25).
Weil die Schwangerschaft/Entbindung/Mutterschaft kein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand ist und deshalb nicht dem allgemeinen Krankheitsbegriff des SGB V zuzuordnen ist, können die für die Krankenbehandlung geltenden Leistungsansprüche nach den §§ 27 ff. nicht angewandt werden (vgl. BSG, Urteil v. 28.4.1967, 3 RK 12/65). Deshalb regelt § 24d eigenständig die Ansprüche der werdenden bzw. jungen Mutter in Bezug zur ärztlichen Betreuung und zur Hebammenhilfe.
2 Rechtspraxis
2.1 Einführung
Rz. 3
Die in § 24d geregelte ärztliche Betreuung einerseits und die Hebammenhilfe anderseits verfolgen den gleichen Zweck, nämlich die Erhaltung der Gesundheit von Mutter und Kind während der Schwangerschaft, bei der Entbindung und für einen gewissen Zeitraum nach der Geburt.
Männliche Hebammen hießen bis Ende 2019 Entbindungspfleger. Seitdem führen sie auch die Berufsbezeichnung "Hebamme".
Hebammen und Ärzte prüfen im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen dieselben Parameter, haben dabei allerdings unterschiedliche Vorgehensweisen/Methoden. Beide halten im Rahmen ihrer Aufgaben die Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinien und der Empfehlungen zur Schwangerenvorsorge ein.
Die Vorsorgeuntersuchungen finden i. d. R. einmal im Monat und während der letzten 2 Monate vor der Entbindung i. d. R. alle 14 Tage statt. Zeigen sich aufgrund der Untersuchungen bzw. Screenings Auffälligkeiten, findet eine zusätzliche Abklärung im Rahmen der weiteren Betreuung durch den Frauenarzt bzw. durch entsprechende Fachärzte statt.
Der werdenden Mutter bleibt es überlassen, durch wen sie die Vorsorgeuntersuchungen durchführen lässt. Sie kann z. B. abwechselnd die eine Vorsorgeuntersuchung/Beratung einmal durch einen Arzt und eine später erneut fällige Vorsorgeuntersuchung/Beratung durch eine Hebamme durchführen lassen.
Teilweise sind die vom Arzt oder von der Hebamme zu erbringenden Leistungen identisch, teilweise ergänzen sie sich. Bei einer gesunden Schwangeren unterscheiden sich die Vorsorgeuntersuchungen vor allem in einem Punkt: Hebammen führen keine Ultraschalluntersuchungen durch. Auch das Verfahren der pränatalen Diagnostik kann nur vom Arzt angewandt werden.
Dafür führt die Hebamme eine Vorsorgeuntersuchung in vertrauter und privater Atmosphäre durch – und zwar entweder in der Hebammenpraxis oder bei der werdenden bzw. jungen Mutter zu Hause. Besondere Bedeutung hat die emotionale Begleitung durch die Hebamme während der Schwangerschaft und der Entbindung.
Nachstehend werden die Aufgaben der ärztlichen Betreuung (Rz. 4 ff.) und der Hebammenhilfe (Rz. 12 ff.) erläutert:
2.2 Ärztliche Betreuung
Rz. 4
Nach § 24d Satz 1 hat die Versicherte Anspruch auf eine ärztliche Betreuung
- während der Schwangerschaft,
- bei der Entbindung und
- nach der Entbindung.
Die Inhalte und den Umfang dieser ärztlichen Betreuung regeln die gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 beschlossenen Mutterschafts-Richtlinien (Fundstelle: Rz. 25). Sie dienen der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (§ 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 70 Abs. 1 und § 73 Abs. 2). Dadurch sollen mögliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Mutter oder Kind abgewendet sowie Gesundheitsstörungen rechtzeitig erkannt und der Behandlung zugeführt werden. Vorrangiges Ziel ist zugleich das frühzeitige Erkennen von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten (vgl. Abschnitt "Allgemeines" der Mutterschafts-Richtlinien). Im Einzelnen regeln die Richtlinien insbesondere den Umfang und Zeitpunkt der Leistungen, das Zusammenwirken mit Hebammen und die D...