Rz. 9
Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder -pfleger sind als sog. Bekanntgabeadressaten des Erbschaftsteuerbescheids lediglich Zugangsvertreter der jeweiligen Erwerber. Zur Wirksamkeit des Bescheids gegenüber dem Steuerschuldner (Inhaltsadressat) bedarf es daher zunächst der Beachtung einiger Formalien, die dem Bekanntgabeerlass der Finanzverwaltung zu entnehmen sind. Dazu gehören insbesondere die hinreichende Individualisierung der/s Steuerschuldner/s sowie die deutliche Unterscheidung zwischen Inhalts- und Bekanntgabeadressaten. Nur wenn letzterer keinesfalls selbst als Steuerschuldner in Betracht kommt, kann der ansonsten stets notwendige Hinweis darauf, dass ihm der Bescheid lediglich in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder -pfleger bekannt gegeben wird, entbehrlich sein. Fehler in diesem Zusammenhang können zur Nichtigkeit des Bescheids führen.
Rz. 10
Aufgrund der Verknüpfung des § 32 ErbStG mit § 31 Abs. 5 (und 6) ErbStG wirkt die Bekanntgabe regelmäßig nur für die Erben, da allein sie Inhaber des Nachlasses sind, dessen Verwaltung Aufgabe des Testamentsvollstreckers, Nachlassverwalters oder -pflegers ist.
a) bei Testamentsvollstreckung
Rz. 11
Im Hinblick auf den Testamentsvollstrecker entspricht dies ständiger Rechtsprechung. Ein an ihn unter Bezug auf § 32 Abs. 1 ErbStG adressierter Erbschaftsteuerbescheid ist daher unwirksam, wenn damit Erbschaftsteuer für Erwerber festgesetzt würde, deren Erwerb von Todes wegen nicht durch Erbanfall (§ 1922 BGB) erfolgte. Allerdings kann ein (Mit)Erben betreffender Bescheid durchaus auch ihnen außerhalb des Nachlasses anfallende Erwerbe von Todes wegen umfassen. Entscheidend ist stets der testamentarisch angeordnete Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers, der z.B. auch die Verwaltung vermächtnisweise zugewendeten Vermögens umfassen kann (§ 2223 BGB). Die Frage, ob und inwieweit die Anwendung des § 32 ErbStG durch eine gegenständliche (§ 2208 BGB) oder persönliche (§ 2306 Abs. 1 BGB) Beschränkung der Testamentsvollstreckung tangiert wird, musste bislang noch nicht finanzgerichtlich beantwortet werden. Dies gilt auch für den praktisch umgekehrten Fall, dass die andere Erwerber treffende Erbschaftsteuer aus dem Nachlass zu entrichten ist.
Rz. 12
Der – lediglich als Treuhänder fungierende Testamentsvollstrecker wird nur hinsichtlich der Erklärungspflichten des/r Erben und zwecks Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheids wie ein gesetzlicher Vertreter behandelt. Ohne eigene Beschwer und ohne ausdrückliche Vollmacht fehlt ihm daher auch die Befugnis, Einspruch oder Klage zu erheben. Dass ihm in diesem Fall eine Einspruchsentscheidung nicht für den/die Erben bekannt gegeben werden darf, erscheint jedoch zweifelhaft. Schließlich gelten im Einspruchsverfahren grundsätzlich alle den gegenständlichen Bescheid betreffenden Verfahrensvorschriften (§ 365 Abs. 1 AO), so dass die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zwar nach § 122 AO erfolgt, konsequent aber auch die diese Norm ausdrücklich modifizierende Regelung des § 32 ErbStG zu beachten ist. Sie gilt wiederum unmittelbar für einen Abhilfe-/Änderungsbescheid, der selbstverständlich "Erbschaftsteuerbescheid" ist.
Rz. 13
Fraglich ist die Wirksamkeit einer entgegen § 32 AO unmittelbar gegenüber dem/n Erben erfolgten Bekanntgabe eines Erbschaftsteuerbescheids. Man kann sie sicherlich verneinen, wenn § 32 AO zwingend zu beachten ist und die Bekanntgabe deshalb nicht ordnungsgemäß geschah. Vertretbar erscheint aber auch, die Festsetzung erst dann für wirksam zu halten, wenn der Bescheid dem Testamentsvollstrecker nachweislich weitergeleitet wurde.
Rz. 14
Einstweilen frei.