rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung der schriftlichen Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Steuerberaterprüfung besteht für die Prüfungsbehörden zur Wahrung der Chancengleichheit für alle Prüflinge hinsichtlich der prüfungsspezifischen Bewertungen ein prüfungsrechtlicher, finanzgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Bewertungs- und Entscheidungsspielraum.
2. Den Finanzgerichten ist es zwar in den Verfahren über Steuerberaterprüfungen nicht schlechthin untersagt, schriftliche Arbeiten im Rahmen einer Steuerberaterprüfung auf Grund eigenen Sachverstandes zu beurteilen; aufgrund des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums der Prüfungsbehörden ist eine gerichtliche Überprüfung aber u.a. nur dann geboten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen.
3. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist und die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, ist zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum einzuräumen, muss andererseits aber auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden.
Normenkette
StBerG § 37; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; DVStB §§ 24-25
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Nach erfolglosen Versuchen 1997 und 1998 nahm die Klägerin im Jahr 2001 erneut an der Steuerberaterprüfung teil. In den schriftlichen Arbeiten erzielte sie folgende Bewertung:
1. Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete |
Note 5,5 |
2. Ertragsteuern |
Note 4,5 |
3. Buchführung und Bilanzwesen |
Note 5,0 |
Das ergab einen Notendurchschnitt von |
Note 5,0 |
Dementsprechend wurde die Steuerberaterprüfung 2001 mit Bescheid vom 18.01.2002 für nicht bestanden erklärt.
Die Klägerin ist als Lehrerin an der Staatlichen Berufsbildenden Schule für Wirtschaft und Soziales in A-Stadt beschäftigt.
Die Klägerin erzielte in den drei Klausuren von jeweils 100 möglichen folgende Punket:
|
Erstprüfer |
Zweitprüfer |
Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebiete |
28 |
25,5 |
Ertragsteuern |
42,5 |
49,5 |
Buchführung und Bilanzwesen |
32,5 |
32,5 |
Die Klägerin hat im verwaltungsinternen Kontrollverfahren im Wesentlichen vorgetragen:
Die Beurteilung der Klausuren sei unzutreffend. Die Prüfungsaufgabe aus dem Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebieten sei um 5 Punkte und die Klausur aus dem Gebiet Ertragsteuern um 2 Punkte zu niedrig bewertet worden.
1. Zur Klausur Verfahrensrecht u.a. Steuerrechtsgebiete:
Teil I: Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung
a) Es sei keine Wertung hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Einspruchs sowie der Zulässigkeit des Einspruchs des O gegen die Einkommensteuer-Zahlung für A erfolgt.
b) Der Ansatz Verspätungszuschlag und Säumniszuschlag sei nicht bewertet worden.
c) Einzelbeträge, für die O zu haften habe, seien nicht bewertet worden.
Teil II: Umsatzsteuer
d) Es sei auf das Erkennen der Änderung der Nutzungsverhältnisse (Obergeschoss) keine Punkte erteilt worden. Auch die Vorsteuer-Berichtigung sei nicht bewertet worden.
e) Die Ermittlung des Bruttolistenpreises sei nicht bewertet worden.
Teil III: Erbschaftsteuer
f) Auf Seite 15 ihrer Klausur liege ein Folgefehler vor; obwohl Ergebnis, Steuersatz und Rechtsnorm richtig seien, sei nur ein 0,5 Punkt erteilt worden.
g) Auf Seite 17, 18 und 19 der Klausur sei das Vermögen getrennt ermittelt worden aus der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Auf die anzuwendenden Rechtsnormen sei im einleitenden Teil der Ausführungen verbal eingegangen worden. Sie sei bei der Bearbeitung der Lösung dementsprechend vorgegangen. In der Bearbeitung habe sie eine getrennte Berechnung vorgenommen.
h) Auf Seite 19 der Klausur seien zum Hausrat keine Punkte erteilt worden, obwohl Teilpunkte berechtigt gewesen seien. Die Rechtsnorm sei erkannt worden. Außerdem sei berücksichtigt worden, dass der Freibetrag um die bereits in Anspruch genommenen Beträge gekürzt werden müsse. Es liege ein Folgefehler vor, da mit dem im Vorfeld ermittelten Wert weiter gerechnet worden sei.
i) Auf Seite 19 der Klausur sei hinsichtlich der Forderung kein Punkt erteilt worden. Auf das Erkennen der Rechtsnorm und das Vorliegen einer unverzinslichen Forderung, die demnach nicht mit dem Nennwert anzusetzen sei, sowie die Ermittlung des Zeitraums und des Zeitpunktes seien Teilpunkte zu erteilen.
j) Des Weiteren sei erkannt worden, dass der Nacherbe den persönlichen Freibetrag nur einmalig in Anspruch nehmen könne; auch dafür seien keine Punkte erteilt worden.
2. Zur Klausur Ertragsteuern:
- Obwohl auf Seite 4 der Klausur alle gesetzlichen Grundlagen und Berechnungen vollständig seien, seien nur 1,5 sta...