BMF, Schreiben v. 27.5.2019, III C 2 - S 7100/19/10001 :005, BStBl I 2019, 512
Bezug: BFH-Urteile vom 30.8.2017, XI R 37/14, und 2.8.2018, V R 21/16
I. Grundsätze der BFH-Urteile vom 30.8.2017, XI R 37/14, und 2.8.2018, V R 21/16
Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 2.8.2018 hervorgehoben, dass die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von platzierungsabhängigen Preisgeldern nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolge. Der V. Senat hat sich dabei sowohl auf die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 10.11.2016, C-432/15, Baštová) als auch auf die zuvor ergangene Entscheidung des XI. Senats (Urteil vom 30.8.2017, XI R 37/14) bezogen. Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 9.3.1972, V R 32/69) eine gegenläufige Ansicht vertreten habe, sei diese angesichts der damals noch nicht harmonisierten Rechtslage durch das o.g. EuGH-Urteil überholt.
Die Urteilsgrundsätze des BFH und die darin umgesetzte Rechtsprechung des EuGH gelten für platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters bei Pferderennen und Pokerturnieren, bei sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen, Glücksspielen und Ähnlichem. Sie gelten nicht für Leistungen eines Geldspielautomatenaufstellers oder Spielbankbetreibers, da deren sonstige Leistung in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance besteht und der Spieleinsatz der Teilnehmer hierfür entgeltliche Gegenleistung ist.
Die Verwaltungsauffassung in Abschnitt 12.2 Abs. 5 S. 2 UStAE steht im Widerspruch zu den Urteilsgrundsätzen und wird daher geändert. Zusätzlich werden in dem Abschnitt 1.1 UStAE ein klarstellender Absatz zur Nichtsteuerbarkeit von platzierungsabhängigen Preisgeldern sowie in Abgrenzung hierzu ein Absatz zur Leistungserbringung der Veranstalter von Glücksspielen eingefügt. Des Weiteren erfolgt in Abschnitt 12.3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 UStAE eine Klarstellung dahingehend, dass Züchterprämien regelmäßig kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs darstellen.
Die Fälle der Zahlung eines platzierungsabhängigen Preisgeldes sind von solchen Fällen zu unterscheiden, in denen jeder Teilnehmer eines Wettbewerbs eine Zahlung seitens des Veranstalters erhält und nur die Höhe der Zahlung ungewiss ist. Die Ungewissheit beseitigt den Leistungsaustausch in diesen Fällen nicht, da die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb und nicht für das Erreichen einer bestimmten Platzierung ist. Im Gegensatz zu der Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses stellt die Teilnahme einen verbrauchsfähigen Vorteil dar. In diesen Fällen hat die Ungewissheit dann allein Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage des Umsatzes jedes Teilnehmers.
Überdies ist die Rechtsprechung nicht auf alle Arten von Leistungen zu übertragen, die gegen Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung erbracht werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. vom 11.12.2006 L 347, S. 1) Bestimmungen zu Vermittlungsleistungen enthält, deren Gegenleistung typischerweise erfolgsabhängig ist (vgl. u. a. EuGH-Urteil vom 15.9.2016, C-518/14, Senatex, EuGH-Urteil vom 22.10.2015, C-264/14, Hedqvist, EuGH-Urteil vom 13.12.2001, C-235/00, CSC FinancialServices, BFH-Urteil vom 27.1.2011, V R 7/09). Im Regelfall wird auch eine erfolgsabhängige Vergütung als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung (z.B. Vermittlung, Verkaufsförderung, Versteigerung, Währungsumtausch o. Ä.) gezahlt. Die Ungewissheit der Zahlung des Entgelts beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang mithin nicht ausnahmslos. Folglich ist bei der Prüfung, ob bei erfolgsabhängigen Vergütungen ein Leistungsaustausch vorliegt, zukünftig danach zu differenzieren, ob die Zahlung für einen (ungewissen) Erfolg oder aufgrund einer tatsächlich erbrachten Leistung gezahlt wird.
Die BFH-Urteile vom 30.8.2017, XI R 37/14, und vom 2.8.2018, V R 21/16, werden im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht.
II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1.10.2010, BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 23.5.2019 – III C 2 – S 7100/19/10002 :002 (2019/0389478), BStBl 2019 I S. xxxx, geändert worden ist, wie folgt geändert:
Abschnitt 1.1 wird wie folgt geändert:
Nach Absatz 23 wird folgender Absatz 24 angefügt:
„(24) Die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen, Pokerturnieren, sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen und Ähnlichem) stellt nur dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z.B. Antrittsgelder oder platzierungsunabhängige Preisgelder). Eine Staffelung der Vergütung ist insoweit unschädlich. Platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters stellen kein Entgelt für die Teilnahme an einem Wettbewerb dar, d...