Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung bei Wiedereinsetzung
Leitsatz (NV)
- Die Anforderungen an eine § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO genügende Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsgründe bei krankheitsbedingter Verhinderung des Klägers können als grundsätzlich geklärt angesehen werden.
- Stehen keine anderen Mittel der Glaubhaftmachung zur Verfügung, muss der sich in ständiger ärztlicher Behandlung befindende Kläger zumindest ein Privatgutachten seines Arztes beibringen und seine krankheitsbedingte Verhinderung eidesstattlich versichern.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, 2 S. 2, § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg - teils, weil sie nicht in der erforderlichen Weise begründet wurde (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757), teils, weil die Zulassungsgründe, welche der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend macht (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO n.F.), nicht vorliegen.
1. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erkennen. Die Anforderungen an eine § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO genügende Glaubhaftmachung der Wiedereinsetzungsgründe bei krankheitsbedingter Verhinderung des Klägers können als grundsätzlich geklärt angesehen werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 15. Juli 1998 VII B 98/98, BFH/NV 1999, 67). Aus dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, in BFH/NV 1999, 67 sei es um die Glaubhaftmachung einer Erkrankung des Prozessbevollmächtigten, nicht jedoch des Klägers gegangen, ergibt sich kein weiterer Klärungsbedarf. In jedem Fall ist der schlüssige Vortrag der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen durch die Vorlage präsenter Beweismittel, die sich ―je nach Sachverhalt― unterscheiden können, glaubhaft zu machen.
2. Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ―der Zulassungsgrund "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" erfasst auch die Divergenz der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) von der Rechtsprechung des BFH― scheidet schon deshalb aus, weil die Begründung der Beschwerde insoweit nicht den Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F. entspricht. Hinsichtlich der behaupteten Abweichung der FG-Entscheidung von den BFH-Beschlüssen in BFH/NV 1999, 67 und vom 26. November 1999 III B 63/99 (BFH/NV 2000, 592) fehlt die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotene Gegenüberstellung der abstrakten Rechtssätze des FG einerseits und des BFH andererseits (BFH-Beschluss vom 29. September 2000 X B 23/00, BFH/NV 2001, 437, m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, inwieweit das FG dem angefochtenen Urteil von diesen Entscheidungen abweichende Rechtssätze zugrunde gelegt hat.
Der Einwand des Klägers, dem FG seien die Hinderungsgründe für die Einhaltung der Ausschlussfristen gemäß § 65 Abs. 2 FGO und § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt und glaubhaft gemacht worden, lässt nicht die Rüge abweichender Rechtssätze, sondern allenfalls die Rüge materiell-rechtlich fehlerhafter Entscheidung erkennen, die für sich allein keine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO darstellt (vgl. BFH in BFH/NV 2001, 437, m.w.N.).
3. Dem FG ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen.
Der Senat kann unentschieden lassen, ob die fehlerhafte Ablehnung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als materiell-rechtlicher Fehler (so Beschluss des BFH vom 26. Februar 1970 IV B 93/69, BFHE 99, 6, BStBl II 1970, 545) oder als ―die Zulassung rechtfertigender― Verfahrensfehler (so ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, z.B. Beschlüsse vom 27. Oktober 1961 VI B 2 und 7.61, BVerwGE 13, 141; vom 8. Mai 1991 3 C 68.89, Neue Juristische Wochenschrift 1992, 63) zu beurteilen ist. Denn das FG hat zu Recht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Ausschlussfristen gemäß § 65 Abs. 2 FGO und § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO abgelehnt.
Wiedereinsetzung wird nach § 56 Abs. 1 FGO gewährt, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Gewährung voraus, dass die für die Feststellung eines solchen Hindernisses erheblichen Tatsachen spätestens zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses substantiiert, vollständig und in ausreichender Form dargetan werden (vgl. u.a. Beschluss des BFH vom 12. Februar 1997 X B 297/95, BFH/NV 1997, 592).
Im Streitfall ist bereits fraglich, ob die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen können, schlüssig vorgetragen wurden. Jedenfalls wurden sie nicht glaubhaft gemacht. Auch wenn keine Krankmeldung für den fraglichen Zeitraum vorgelegt werden konnte, hätte der Kläger, der sich nach dem Vortrag seines Prozessbevollmächtigten in ständiger ärztlicher Behandlung befand, zumindest ein Privatgutachten seines Arztes beibringen und seine krankheitsbedingte Verhinderung eidesstattlich versichern können.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F.).
Fundstellen