Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundsätzliche Bedeutung der Frage der Tarifbegünstigung eines Veräußerungsgewinns bei Zurückbehaltung einzelner Mandate
Leitsatz (NV)
Zurückbehaltene Mandanten-Beziehungen zählen nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, wenn darauf in den letzten drei Jahren vor der Praxisveräußerung weniger als 10 v.H. der gesamten Einnahmen entfielen; dabei ist auf den Wert der zurückbehaltenen Beziehungen abzustellen.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Gründe
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde bestimmt sich gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt wurde; danach ist insoweit das bisherige Recht anzuwenden.
2. Nach ständiger Rechtsprechung ist einer Sache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 21. Dezember 2000 XI B 75/99, BFH/NV 2001, 773). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Nach der Rechtsprechung ist eine Fortsetzung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit für die Tarifbegünstigung des Veräußerungsgewinns unschädlich, sofern der Wert der nicht übertragenen Betriebsgrundlagen weniger als 10 v.H. der durchschnittlichen Jahreseinnahmen aus den drei Veranlagungszeiträumen vor der Betriebsveräußerung ausmacht. Die zurückbehaltenen Mandanten-Beziehungen zählen nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen, wenn darauf in den letzten drei Jahren vor der Praxisveräußerung weniger als 10 v.H. der gesamten Einnahmen entfielen (BFH-Urteil vom 7. November 1991 IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457). Nach dieser Rechtsprechung, die der BFH in den Urteilen vom 29. Oktober 1992 IV R 16/91 (BFHE 169, 352, BStBl II 1993, 182) und vom 18. Mai 1994 I R 109/93 (BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925) bestätigt hat (vgl. auch Wacker in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., 2001, § 18 Rz. 223; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., § 18 EStG Anm. 324), ist ―entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger)― auf den Wert der zurückbehaltenen Beziehungen abzustellen. Wie sich diese Beziehungen nach der Veräußerung entwickeln und ob sie in vollem Umfang genutzt werden, ist unerheblich. Entscheidend ist allein, ob quantitativ wesentliche Betriebsgrundlagen von der Veräußerung ausgenommen worden sind. Die von dem Kläger angesprochene Rechtsfrage bedarf daher keiner weiteren Klärung.
3. Die Entscheidung des Finanzgerichts steht in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des BFH; eine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. ist nicht gegeben.
4. Die Entscheidung des Senats ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 FGO ohne weitere Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 642286 |
BFH/NV 2001, 1561 |
KÖSDI 2002, 13122 |